"Unsere
Differenz liegt darin, dass es für mich
mit der DAG bzw. den Möllemann-Leuten
grundsätzlich und auch nicht unter taktischen
Erwägungen keine Zusammenarbeit geben
kann."
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Mathias Kohler [mailto:Mathias.Kohler@t-online.de]
Gesendet: Montag, 28. Oktober 2002 22:37
An: Joachim Guilliard
Betreff: AW: Erklärung des Mannheimer
Friedensplenums zum Irak-Kongress in Berlin
Hallo Joachim,
ich habe Deine gestrige Antwort auf das
Schreiben des Mannheimer Friedensplenums
vom 21. Oktober 02 erhalten. Es ist schade,
dass Deine Antwort fast eine Woche hat auf
sich warten lassen.
1.) Ich denke, dass es innerhalb der Friedensbewegung
legitim sein muss, kritische Fragen zu stellen
und es ist erforderlich, dies insbesondere
dann in aller Deutlichkeit zu tun, wenn
sich Menschen oder Gruppen der Friedensbewegung
in "Bündnisse" mit Gruppen
begeben, die zum Teil antisemitisch sind
oder eine klare Distanz zu diktatorischen
und inhumanen Regimes vermissen lassen.
Leider beseitigt Dein heutiges Antwortschreiben
diese Befürchtungen bezüglich
dieser "Bündnisse" nicht.
2.) Bedauerlich finde ich Deine zum Teil
beleidigenden und belehrenden Formulierungen,
die dem Streit in der Sache wenig helfen
("Rachid hat dies zwar getan, allzu
viel hängen geblieben scheint bei ihm
aber nicht zu sein." - "Und
müssen wir Mitgliedern einer Friedensgruppe
tatsächlich erklären, dass Dialog
ein wesentliches Mittel bei der Suche von
zivilen Konfliktlösungen ist?"
- "Bestürzend finde ich auch,
dass das Mannheimer Friedensplenum offensichtlich
noch nichts von den Aktivitäten der
Deutsch-arabischen Gesellschaft in Mannheim
mitbekommen hat." - "Eure
Vorwürfe in Richtung DAG zeigen, dass
Ihr entweder keine Ahnung habt oder nur
diffamieren wollt.")
3.) Deine aus meiner Sicht verharmlosende
Bewertung der Deutsch-Arabischen Gesellschaft
(DAG) ist für mich der untaugliche
Versuch, das eigentliche Problem, die Zusammenarbeit
mit dieser Gesellschaft, herunterspielen
zu wollen. Wenn Du darauf hinweist, dass
Ihr Euch in Heidelberg immer wieder an Aktivitäten
der DAG beteiligt, dann wird deutlich, dass
die Zusammenarbeit mit der DAG beim Berliner
Kongress keine einmalige Aktion sondern
offenbar Bestandteil einer langen strategischen
Zusammenarbeit ist.
Um diese DAG bewerten zu können, muss
man nur einmal auf die Internetseite der
DAG schauen. Langjähriger Chef der
DAG ist Jürgen W. Möllemann, seine
drei Vizepräsidenten sind der Politologe
Dr. Aref Hajjaf, CDU-MdB Joachim Hörster
und CSU-MdB Rudolf Kraus. Der frühere
Vizepräsident SPD-MdB Christoph Moosbauer
antwortete auf die Frage von Report München
(Bayerischer Rundfunk) am 27.05.02 ob die
DAG "ein Jubelverein für Möllemann"
sei: "Ich habe mitunter den Eindruck.
Ich bin ja nur Vizepräsident, bin aber
nicht eingebunden in Willensbildungsprozesse...
Möllemanns Meinung ist die Meinung
der Gesellschaft."
In dieser Report-Sendung heißt es
weiter:
" Einer, der die Jubelveranstaltungen
für Möllemann organisiert, ist
der Generalsekretär, Harald M. Bock.
Er gilt als Scharfmacher in der Deutsch-Arabischen-Gesellschaft,
vor allem wenn es um antiisraelische Parolen
geht. Seine Rundbriefe an die Mitglieder
entpuppen sich immer wieder als zynische
Hetzkampag-nen. Beispiel: sein Schreiben
nach dem 11. September, Zitat:
"Unglaublich und frivol das Verhalten
des Ariel Scharon, der im Staubnebel der
Türme des WTC seine Soldateska im Westjordanland
von der Leine ließ, aber wer hätte
auch von "Bulldozern" anderes
erwartet."
Bock schwadroniert in einem anderen Rundbrief
nach der Operation Wüstenfuchs gegen
den Irak im Januar 99:
"Die vorweihnachtlichen Pyrotechniker
Amerika und England haben 70 Stunden lang
mit Cruise Missiles für den Weltfrieden
geböllert..... ab 22.45 h wird zurückgeschossen."
Damit folgt Bock ganz seinem Herren Möllemann.
"
Lieber Joachim, unsere Differenz liegt
darin, dass es für mich mit der DAG
bzw. den Möllemann-Leuten grundsätzlich
und auch nicht unter taktischen Erwägungen
keine Zusammenarbeit geben kann. Deine "Antwort"
zu Deiner Zusammenarbeit mit der DAG beschränkt
sich leider nur auf den Vorwurf, wir würden
"die Stimmung gegen Möllemann
und Karsli für" uns nutzen.
Ich bin auch nicht so blauäugig, um
die Aktivitäten der DAG "im wesentlichen
auf eine Verständigung der Kulturen"
reduziert zu sehen. Dieser Gesellschaft
geht es in erster Linie ums Geschäft
zwischen den arabischen Staaten und Deutschland.
Man macht nicht aus Spaß den ehemaligen
stellv. Minister für Erdöl und
Finanzen des Königsreiches Saudi-Arabien
zum Ehrenpräsidenten. Und wenn das
noch nicht überzeugen sollte, kann
man sich den Beirat der DAG genauer anschauen
(www.d-a-g.de). Dort sitzen die arabischen
Botschafter und Vertreter des deutschen
Kapitals bzw. der interessierten Industrie
beisammen.
In der Zeitschrift "JungleWord"
schrieb am 17.10.01 Pascal Beucker unter
der Überschrift "Möllemanns
Djihad" u.a.:
" Anfang August erklärte Möllemann
in einem Rundfunkinterview, die Regierung
Sharon betreibe "erklärten Staatsterrorismus,
der durch nichts zu rechtfertigen ist".
Einen Monat zuvor attackierte er den Zentralrat
der Juden, der in Zeitungsanzeigen gegen
den Besuch des syrischen Diktators Bashir
Al Assad in Deutschland protestiert hatte.
Assad, der kurz zuvor die Israelis als schlimmere
Rassisten als die Nazis bezeichnet hatte,
arbeite "bewusst mit Abziehbildern
des Hasses, religiösen Vorurteilen
und antisemitischen Klischees", kritisierte
der Zentralrat.
Möllemann erwiderte: "Was wäre
aber wohl passiert, wenn ich als Präsident
der Deutsch-Arabischen Gesellschaft Ariel
Sharon in Anzeigen zur Begrüßung
mit seiner Rolle bei den Massakern von Sabra
und Shatila, mit seinem die Gewalt bewusst
anfachenden Besuch auf dem Tempelberg konfrontiert
hätte?! Herr Sharon gefährdet
den Nahost-Friedensprozess meines Erachtens
gewiss mehr als Präsident Assad."
Nein, davon distanzierte sich der DAG-Vorstand
nicht. Warum auch, gehören antiisraelische
"Entgleisungen" doch zum Repertoire
der DAG, die sich als Scharnier zwischen
der deutschen Wirtschaft und den arabischen
Ländern versteht und "die Errichtung
eines souveränen palästinensischen
Staates" als eines ihrer wesentlichen
Vereinsziele bezeichnet. So hetzt der seit
über 30 Jahren amtierende Generalsekretär
des Lobbyverbandes, Harald M. Bock, immer
wieder unwidersprochen gegen Israel...
... Bock weiß, wie Israel beizukommen
ist: "Nur die Nadelstiche der Hisbollah"
hätten bewirkt, dass sich Israel aus
dem Südlibanon zurückgezogen habe.
"Welch andere Lehre soll man hieraus
ziehen als die, dass Israel nur der Gewalt
weicht?"
Während wortreich die einzige Demokratie
im Nahen Osten attackiert wird, findet sich
in DAG-Publikationen und -Stellungnahmen
grundsätzlich keine Kritik an der palästinensischen
Autonomiebehörde oder an den arabischen
Staaten. Das wäre auch nicht opportun.
So gehören dem 34-köpfigen DAG-Beirat
nicht nur diverse deutsche Unternehmer und
der notorische Peter Scholl-Latour an. Kein
arabisches Regime hat es sich nehmen lassen,
einen Vertreter zu entsenden. Der Botschafter
Saudi-Arabiens sitzt hier ebenso wie der
Sekretär des Volksbüros der Sozialistischen
Libysch-Arabischen Volksdschamahirija. Auch
Abdallah Frangi darf als "Botschafter
Palästinas in Bonn" nicht fehlen.
Besonders stolz ist die DAG auf ihren Ehrenpräsidenten.
Sheikh Abdulaziz Abdullah Al-Sulaiman, einen
ehemaligen stellvertretenden Minister für
Erdöl und Finanzen im islamitisch-absolutistischen
Königreich Saudi-Arabien. Über
die Menschenrechtssituation in dem Schariah-Staat,
der ersten Etappe seiner Nahost-Reise, verlor
Möllemann selbstverständlich kein
Wort. "
4.) Auf unsere Frage, ob die DAG den Berliner
Kongress mit finanziert kommt von Dir leider
keine klare Antwort. "Andere Gruppen"
werden nur gebeten, "mit Spenden
die Finanzierung sichern zu helfen".
Wolfgang Menzel vom DFG-VK-Bundesvorstand
hat uns zu dieser Frage geschrieben: "Ob
so etwas wie eine Ausfallbürgschaft
mit der DAG vereinbart wurde, entzieht sich
meiner Kenntnis. Möglich wäre
es. Denn warum sonst sollte eine Organisation
als Unterstützer aufgeführt werden,
die noch keinen Cent gezahlt bzw. zugesagt
hat? Ich werde bei den Organisatoren nachfragen,
zumal jetzt auch der Berliner Landesverband
der DFG-VK auf Distanz zum Kongress gegangen
ist."
5.) In Deinem heutigen Antwortscheiben
ist von Dir auch keine Bewertung der "Deutsch-Irakischen
Gesellschaft" zu finden, die laut Wolfgang
Menzel Mitveranstalter und nicht nur Unterstützer
des Irak-Kongresses ist. Das Mannheimer
Friedensplenum hatte zur "Deutsch-Irakischen
Gesellschaft" aus einer gemeinsamen
Presseerklärung von PRO ASYL, medico
international und anderen Hilfsorganisationen
vom 29. Mai 2001 zitiert:
"Aziz Alkazaz ist zugleich Generalsekretär
der Deutsch-Irakischen Gesellschaft, Gründer
und Vorsitzender der Irakischen Initiative
für Gerechtigkeit und Völkerverständigung
(IGV), sowie Vizepräsident des Kongresses
der Auslandsiraker (al-Mughtaribin). Der
Kongress der Auslandsiraker ist eine der
Baath-Partei nahestehende weltweite Organisation,
die sich regelmäßig in Bagdad
trifft, um sich dort mit Regierungsvertretern
zu koordinieren. Aussagen irakischer Oppositionsgruppen
zufolge dient dieser Kongress vor allem
auch dazu, im Ausland lebende Oppositionelle
auszuspionieren. Auch die anderen Gruppen,
in denen Herr Alkazaz wichtige Positionen
einnimmt, zeichnen sich durch unmittelbare
Nähe zum Regime aus ."
In dem von Dir auszugsweise zitierten Brief
von Prof. Gottstein ist zu lesen: "Sicher
sind unter den Mitgliedern auch Anhänger
der Baath-Partei." Wenn bei diesem
Satz nicht alle Alarmglocken angehen, dann
habe ich dafür kein Verständnis
(Die Behauptung von Prof. Gottstein, dass
neben diesen Saddam-Leuten auch Anhänger
der "Anti-Saddam Opposition" Mitglied
in dieser Gesellschaft seien, glaubt er
wohl selbst nicht.).
Damit ist zugegeben worden, dass "Anhänger
der Baath-Partei" zu den Mitveranstaltern
des Berliner Kongresses gehören! Deswegen
hat die Aussage, dass "bei diesem
Kongress die Gefahr gesehen wird, dass die
Kritik am Vorgehen der USA gegen den Irak
und die Ablehnung des geplanten Krieges
zu einer unkritischen Haltung gegenüber
dem verbrecherischen Saddam-Regime führt"
weiterhin und unvermindert Bestand.
6.) Du schreibst, dass Karsli "mit
dem Kongress überhaupt nichts zu tun
habe". Es ist richtig, dass sein Name
nicht als Referent auftaucht. Aber ebenso
richtig scheint zu sein, dass er sehr viel
mit der "Initiative gegen das Irakembargo",
deren Sprecher Du ja selbst bist und die
auch Mitveranstalter ist, zu tun hat.
Dazu ein Zitat aus dem genannten Report-Bericht
vom 27.05.2002:
"Der umstrittene FDP-Überläufer
(Herr Jamal Karlsli) ist kein Unbekannter.
Er umgarnte oft sogar Saddam Hussein. So
auch bei seinem Solidaritätsflug vor
einem Jahr nach Bagdad, auf Einladung des
Diktators und gegen den Willen der Grünen-Fraktion.
Auch Möllemann wollte im vergangenen
Jahr in den Irak, als Führer einer
Wirtschaftsdelegation. Doch die politischen
Umstände verhinderten die Reise. Nicht
so bei Karsli...
Karsli verfasste einen mehrseitigen Bericht
von seiner Mission. Bei den Grünen
im Landtag stößt dieser auf Unverständnis:
er sei einseitig und verliere kein Wort
über Menschenrechtsverletzungen im
Irak. Da der Bericht der ganzen Fraktion
schade, solle Karsli ihn deshalb zurückziehen...
Doch trotz Kritik, unbeirrt puscht Jamal
Karsli Iraks Interessen in Deutschland.
Am 2. Dezember vergangenen Jahres ist er
Mitbegründer einer bundesweiten "Initiative
gegen das Irakembargo". Mit dabei:
linke Sponti-Gruppen und auch zwei verurteilte
DDR-Spione und überzeugte PDS-Anhänger:
Rainer Rupp, alias Topas, der Nato-Agent
und Klaus von Raussendorff, ein Maulwurf
im Auswärtigen Amt. Eine schöne
Allianz der Herrn Karsli und Möllemann.
Beide sind auch in der Deutsch-Arabischen-Gesellschaft,
deren langjähriger Präsident der
Geschäftsmann Möllemann ist. Und
Karsli soll in dem Verein auch wirtschaftliche
Kontakte im arabischen Raum anbahnen.
"
7.) Lieber Joachim, die Frage, die auch
weiterhin offen bleibt, ist die, warum kein
einziger Vertreter der irakischen oder kurdischen
Opposition bereit ist, an diesem Kongress
mitzuwirken? Du schreibst: "Die
Tatsache, dass Alternativen zum Krieg und
Embargo unter Beteiligung vieler Fachleute,
die beidem bekanntermaßen kritisch
gegenüberstehen, diskutiert werden
sollen, hielt die Befürworter einer
Intervention oder der Sanktionen von einer
Teilnahme ab. Sie wollten nicht eine Veranstaltung
durch ihre Teilnahme politisch aufwerten,
auf der sie einen schweren Stand haben würden."
Ich hoffe, dass sich diese Bemerkung nicht
auf die irakische Opposition bezieht! Du
schreibst nämlich ein paar Sätze
weiter: "Ebenfalls letztlich einem
Dialog auf dem Kongress verweigert haben
sich die hier lebenden Angehörige der
irakischen "Demokratischen Opposition".
Prof. Habib, den wir aus ihrem Kreis eingeladen
hatten (Wirtschaftswissenschaftler und ein
sehr guter Kenner der Verhältnisse
im Irak und Nahen Osten) hat abgelehnt,
weil der Kongress zu einseitig sei. Die
Kritik am irakischen Regime käme zu
kurz, und die Beteiligung eines Referenten
der zumindest indirekt dem Regime nahe steht,
sei nicht hinnehmbar."
Ich habe für die ablehnende Haltung
der irakischen Opposition vollstes Verständnis.
Das Regime in Bagdad hat fünf Geheimdienste,
die sich zum Teil gegenseitig überwachen
und auch die Aktivitäten der irakischen
Opposition im Ausland beobachten. Durch
Repressalien bei den zuhause lebenden Familien
(einschließlich politischer Morde)
sollen die geflohenen Iraker im Ausland
zum Schweigen gebracht werden. Glaubst Du
ernsthaft, dass sich die Iraker im Exil
mit dem irakischen Botschafter an einen
Tisch setzen können, um in aller Öffentlichkeit
Diskussionen mit ihm über den Irak
führen zu können?? Deswegen will
die demokratische Opposition nicht "auf
Saddam's Spielfeld spielen" (Ich
möchte mich mit meinem potentiellen
Henker auch nicht aufs gleiche Podium setzen.).
Das jetzt noch der irakische Botschafter
aus London höchstpersönlich kommt,
ist geradezu eine "Steigerung"
des ursprünglich angekündigten
Prof. Dr. Mazin Al-Ramadhani, Dekan der
Instituts für politische Wissenschaften
an der Universität Bagdad.
Prof. Habib, der aus den von ihm genannten
Gründen nicht bereit ist, auf dem Berliner
Kongress aufzutreten, schrieb an Dich: "Ich
bin gegen die Pläne der USA, sowohl
in der Frage des Embargos, als auch des
Anschlages bzw. des Krieges. Der Beschluss
des US-Senats über die Befreiung des
Iraks ist nicht die Aufgabe der USA, sondern
die des irakischen Volkes. Das Volk braucht
die Solidarität der Völkergemeinschaft,
um sich von dem despotischen Regime befreien
zu können. Ich bin auch der Meinung,
dass die USA und Großbritannien durch
ihre Durchsetzung des Embargos für
die vielen Toten und kranken Menschen verantwortlich
sind." Deswegen möchte ich
die Behauptung zurück weisen, das es
"die Befürworter einer Intervention
oder der Sanktionen" sind, die
von einer Teilnahme am Kongress Abstand
genommen haben.
8.) Wenn Du die Kritik am "Solidaritätsflug"
letztes Jahr nach Bagdad als "Hetzkampagne"
bezeichnest und Prof. Gottstein darauf besteht,
dass man "nicht im teuersten Hotel
Bagdads" sondern nur "in einem
der vielen anderen Hotels der Mittelklasse"
untergebracht war, dann ist das Euer gutes
Recht. Das ändert jedoch nichts an
der weiterhin bestehenden Kritik dieses
"Solidaritätsfluges", der
laut Prof. Gottstein "nicht auf
Einladung der irakischen Regierung"
stattgefunden haben soll. Im Reisebericht
von Jamal Karsli steht dazu wörtlich:
"Die Kosten für den Flug mussten
von den Teilnehmern aufgebracht werden,
die Versorgung und Unterbringung vor Ort
erfolgte durch die irakische Regierung."
In der Einladung zum "Solidaritätsflug
schrieb Generalsekretär Aziz Alkazaz:
"Irakische Gastfreundschaft: Für
die Übernachtung und den Aufenthalt
in Bagdad sind wir Gäste der irakischen
Regierung... Möge der Solidaritätsfluges
von Deutschland nach Bagdad der Beginn einer
neuen Phase des Aufbaus fruchtbarer Freundschaftsbeziehungen
und ein Schritt in Richtung einer menschlicheren
Welt sein."
9) Es geht bei der Kritik des Berliner
Kongresses nicht darum, pauschal allen Referenten
eine fehlende kritische Distanz zum Regime
in Bagdad zu unterstellen. Es gibt jedoch
bei den Referenten sicherlich große
Unterschiede in der Bewertung des Regimes.
Wenn Dein Mitstreiter in der "Initiative
gegen das Irak-Embargo" Hans von Sponeck
diese Woche im Focus meint feststellen zu
müssen, Saddam werde "von Tag
zu Tag friedenswilliger" und gerade
vor wenigen Tagen sich bei Saddams Stellvertreter
Tarik Asis davon selbst überzeugen
konnte, dann mag das seine persönliche
Bewertung sein, aber mit Sicherheit nicht
von vielen Menschen in der Friedensbewegung.
Auf Eurer Referentenliste steht auch der
britische Labour Abgeordnete Georg Galloway.
Auf Eurer Website sind neben seinem Photo
auch Links zu Herrn Galloway angegeben.
Gleich beim ersten Link findet man unter
der Überschrift "April 2002 George's
Anti-Semitic boycott" Informationen,
dass er in Schottland zum Boykott israelischer
Waren aufruft. Das hatten wir schon einmal!
Damals lautete die Parole "Kauft nicht
bei Juden!". Auf dieser von Euch angegebenen
Website wird außerdem Galloways enges
Verhältnis zu Saddam Hussein beschrieben
und mit einem Photo hinterlegt.
10.) Im Programmheft für den Kongress
steht: "Nicht allein die Frage eines
erneuten Krieges und einer möglichen
Beteiligung europäischer Staaten steht
daher auf der Tagesordnung, sondern eine
Bilanz der bisherigen Irakpolitik und die
Diskussion möglicher Alternativen.
Wie ist die Lage im Irak nach Krieg und
12 Jahren Embargo? Stellt der Irak eine
Bedrohung für andere Länder dar?
Welche Wege gibt es für eine Wiedereingliederung
des Iraks in seine regionale Umgebung und
den Wiederaufbau des Landes? Welche Voraussetzungen
müssen zuvor erfüllt sein?"
Das sind alles wichtige Fragen, aber sicherlich
nicht alle Fragen, die im Zusammenhang mit
dem Irak-Konflikt zu stellen sind. Wie sehen
die Lebensbedingungen der Menschen im Irak
mit einer der schlimmsten Diktaturen der
Welt aus? Wie sind die Möglichkeiten
eines Widerstandes bzw. einer Opposition
im Irak? Welche Widerstandskräfte gibt
es dort? Welche Unterstützungsmöglichkeiten
haben wir als demokratische und als Friedensbewegung
im Ausland? Wie können wir die irakische
Opposition im Ausland unterstützen?
Welche Positionen hat die irakische Opposition
zum Embargo und zum drohenden Krieg? usw.
Ich würde mich freuen, wenn diese
Fragen auf der Berliner Veranstaltung eine
größere Rolle spielen würden,
als bisher anzunehmen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Kohler