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Weibliche Genitalverstümmelung im Nordirak

Aktivitäten von WADI gegen Female Genital Mutilation

Eine Studie von Wadi in der Region Germian im Nordirak ergab erstmals konkrete Zahlen über die Verbreitung von weiblicher Genitalverstümmelung in Irakisch-Kurdistan.


1711 امرأة في اربيل وحدها حاولن الانتحار العام الماضي.. وكثير من العائلات تنظر لبناتها كالسلع

Erfolge im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung
Pressekonferenz von StopFGM anlässlich des internationalen Tages gegen weibliche Genitalverstümmelung


Weibliche Genitalverstümmelung oder Female Genital Mutilation (FGM) [1] existiert in 28 afrikanischen Ländern, ebenso wie in Teilen des Nahen Ostens und Asiens (Jemen, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain und Nordirak sowie Indien, Malaysia und Indonesien). In Europa, USA, Kanada und Australien ist die Praktik vor allem unter Immigrantinnen aus diesen Gebieten verbreitet. Auch in Deutschland sind viele Frauen und Mädchen betroffen [2].
Weltweit sind derzeit schätzungsweise zwischen 138 und 170 Millionen Frauen und Mädchen Opfer von FGM und jedes Jahr steigt die Zahl um etwa zwei Millionen an [3]. In einigen Ländern Afrikas, darunter Ägypten, Äthiopien, Dschibuti, Guinea, Mali, Somalia und Sudan, sind laut WHO zwischen 85% und 99% der Frauen und Mädchen „beschnitten“.
Im Jahr 2004 wurde der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung ins Leben gerufen, der jährlich am 6. Februar stattfinden soll.


1. Was ist FGM?

Erste-Hilfe-Ausbildungskurs von WADI in Germian. Ein Thema ist auch der Kampf gegen Beschneidungen. [Foto by WADI]
Erste-Hilfe-Ausbildungskurs von WADI in Germian. Ein Thema ist auch der Kampf gegen Beschneidungen.

Unter FGM wird die Beschneidung, Verstümmelung und Amputation der weiblichen Genitalien verstanden. Der Begriff wurde von Frauenrechtlerinnen eingeführt, die den Begriff „Beschneidung“ für irreführend halten. Er muss jedoch mit Vorsicht verwandt werden, da er teilweise von Betroffenen als diskriminierend und verletzend empfunden wird. Alternativ wird auch der Begriff FGC (Female Genital Cutting) vorgeschlagen [4].
Es werden verschiedene Formen [5] unterschieden, die je nach Region und Bevölkerung variieren.

Klitoridektomie
Klitoridektomie bezeichnet die teilweise bzw. vollständige Amputation der Klitoris. Bei der verbreitesten Form, der genannte Sunnah- Beschneidung [6] , wird die Vorhaut der Klitoris eingeritzt oder entfernt bzw. die Klitoris teilweise oder ganz amputiert [7].

Exzision
Exzision bezeichnet die Entfernung der Klitoris einschließlich der Amputation der inneren und oder äußeren Schamlippen [8].

Infibulation
Bei der Infibulation („Verschliessung der Genitalien“), die in 15% der Fälle von FGM angewandt wird, werden Klitoris, innere Schamlippen und die äußeren Schamlippen entfernt. Die verbleibende Haut wird anschließend so vernäht, dass nur eine winzige Öffnung für den Austritt von Urin und Menstruationsblut verbleibt. Auf Grund des Narbengewebes müssen betroffene Frauen häufig „defibuliert“ („aufgeschnitten“) werden, um Geschlechtsverkehr haben bzw. entbinden zu können [9].

Hard Debate About Female Genital Mutilation in Kurdish Newspaper

Der Eingriff
Normalerweise wird FGM außerhalb von Krankenhäusern durchgeführt, wobei die „hygienischen“ und „operationellen“ Bedingungen äußerst schlecht sind. Meistens kommt überhaupt keine Anästhesie zur Anwendung. Als Instrumente dienen u. a. Rasierklingen, Scheren, Küchenmesser, Glasscherben und auch Fingernägel. Die Wunde wird mit Pferdehaar, Bast, Bindfaden, Akaziendornen oder Ähnlichem vernäht. Zur Blutstillung werden zum Beispiel Asche, Kräuter, kaltes Wasser, Blätter und Pflanzensäfte, Honig und Milch benutzt. Die „Operation“ ist mit großen Schmerzen und gesundheitlichen Risiken verbunden.

In welchem Alter wird der Eingriff vorgenommen?
Das Alter für die „Beschneidungen“ variiert sehr stark. FGM kann ab kurz nach der Geburt bis nach der ersten Entbindung vorgenommen werden. Es lässt sich allerdings eine Tendenz zur Beschneidung von sehr jungen Kindern erkennen, die meist das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.


2. Welche gesundheitlichen und psychischen Folgen kann FGM verursachen?

A) Direkte Folgen

  • Schmerzen, extreme Angstzustände, Schlafstörungen bis zum Kreislaufkollaps
  • starker Blutverlust, Wundstarrkrampf, Entzündungen
  • Hepatitis, HIV
  • Verletzungen an Arterien, Harnröhre, Blase
  • Tod
  • psychische Folgen
16.06.2006 | diePresse.com
Irak: "So viele Mädchen sind beschnitten"
Die Hilfsorganisation "Wadi" kämpft für Frauenrechte im Nordirak.

Die psychischen Folgen sind weit weniger offensichtlich und werden häufig nicht mit einer früheren Genitalverstümmelung in Verbindung gebracht. Nach dem Eingriff sind die Mädchen oft sehr zurückgezogen und auffällig still. Auch von Schlaf- und Essstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Panikattacken wurde berichtet. Da der Eingriff meist in vollem Bewusstsein miterlebt wird, können Schockreaktionen bis hin zu bleibenden psychischen Traumata entstehen. Dazu gehören zum Beispiel extreme Angstzustände, Depressionen, Neurosen und Suizid. Manche Fachleute vergleichen die Auswirkungen von FGM mit denen bei sexuellem Missbrauch. Erschwerend kommt hinzu, dass die Frauen meist nicht offen über ihre Probleme reden können, da FGM ein Tabuthema ist, und dass zumeist keine Möglichkeiten zur Psychotherapie bestehen.

B) Langfristige Folgen

  • allgemein eingeschränkte Lebensqualität
  • Beschwerden bei der Menstruation und beim Wasserlassen
  • Entzündungen, Infektionen, Zysten
  • Inkontinenz
  • Unfruchtbarkeit
  • komplizierte, schmerzhafte und unnatürlich verlängerte Geburten mit erhöhtem Todesrisiko für Mutter und Kind
  • familiäre Krisensituationen
  • Einschränkung bzw. Verlust der Orgasmusfähigkeit


3. Mit welchen Begründungen wird FGM durchgeführt?

Die Befürworter und Befürworterinnen von FGM begründen ihre Meinung je nach sozialer und geographischer Herkunft und Bildungsstand mit einer Auswahl der hier aufgeführten „Argumente“ [10] :

Interviews:
Drei Männer sprechen über FGM
  • Respekt vor Bräuchen und Traditionen
  • Die Religion schreibe die Beschneidung weiblicher Genitalien vor
  • Beschneidung reduziere das unmäßige sexuelle Verlangen der Frau
  • Beschneidung erhöhe die Fruchtbarkeit der Frau
  • Beschneidung verhindere Krankheiten
  • Beschneidung sorge für ein „strahlendes Gesicht“ [11]
  • die Beschneidung garantiere die Jungfräulichkeit bzw. Treue der Frau
  • Beschneidung sorge für eine harmonische Partnerschaft und halte die Frau von Drogen fern
  • Beschneidung verhindere einen schlechten Charakter
  • die Klitoris sei giftig
  • unbeschnittene weibliche Genitalien seien schmutzig und hässlich
  • Männer wollten keine unbeschnittene Frauen heiraten; die Frau werde nach ihrer „Enttarnung“ von ihrem Ehemann verstoßen. Einige BefürworterInnen argumentieren deshalb, dass eine Mutter, die ihre Tochter nicht beschneiden lässt, das zukünftige Verelenden ihrer Tochter zu verantworten habe. [12]


4. Ist FGM ein Gebot des Islam?

Die Verstümmelung weiblicher Genitalien ist ein präislamischer Brauch, der bereits praktiziert wurde, als es noch keine Religionen gab.
In den islamischen Gebieten, in denen FGM praktiziert wird, beruft man sich häufig auf den Hadith [13], demzufolge Mohammed einer Beschneiderin folgende Anweisung gab: „Schneide ein wenig ab, aber übertreibe nicht. Das ist besser für die Frau [15] und wird vom Mann bevorzugt [14].“
Dieser Hadith wird sehr unterschiedlich interpretiert, was zu einem breiten Meinungsspektrum unter MuslimInnen gegenüber FGM führt [16].
In der Scharia steht aber auch, dass die „hurma“ („die körperliche Unversehrtheit“) einer der höchsten Werte des gläubigen Muslims sein soll.
Fakt ist, dass der Koran weder die Beschneidung von Männern noch die Beschneidung von Frauen explizit vorschreibt.
Allerdings beruft sich das muslimische Recht unter anderem auf präislamische Normen, die vom Propheten Mohammed übernommen wurden. Damit wird die Bibel hier zu einer Quelle des muslimischen Rechts was die Beschneidung von Männern betrifft [17].

On the trail of a taboo: female circumcision in the Islamic world

Was die Beschneidung von Frauen betrifft, ist sich die islamische Welt bis heute auf Grund der großen Interpretationsbreite der Texte uneinig. Das muslimische Recht kann in diesem Punkt verschieden interpretiert werden. Es gibt Interpretationen, die besagen, dass Frauenbeschneidung eine makrumah ist, d.h. keine Vorschrift, sondern nur eine Empfehlung [18].
Es gibt innerhalb des Islams sowohl vehemente Gegner von FGM [19] als auch überzeugte Befürworter [20].
Auch wenn die Befürworter / Befürworterinnen von FGM teilweise auf religiöse Begründungen zurückgreifen, ist nicht zu vergessen, dass es auch religiöse Argumente gegen FGM gibt. Dazu gehört das Argument, dass ein Gott nicht die Verstümmelung der Körper seiner Gläubigen beabsichtigen und wollen kann [21] sowie das im Koran fixierte Verbot, den Körper, den Gott geschaffen hat, zu verändern [22].


5. Der rechtliche Rahmen

Djibouti ratifies the Maputo Protocol against the practice. Conference in Djibouti affirms Koran says nothing about it

FGM, d.h. die Amputation von gesunden Körperteilen, ist eine Menschenrechtsverletzung und verstößt unter anderem gegen folgende internationale Konventionen:

  • die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
  • die Erklärung der Menschenrechte im Islam von Kairo
  • die Konventionen der UN über Rechte on Kindern
  • die Konventionen der UN zur Abschaffung der Diskriminierung der Frau
  • die afrikanische Charta für Menschen- und Völkerrechte


Weibliche Genitalverstümmelung im Nordirak

Laut einer Untersuchung des Mobilen Teams von WADI in Germian sind 60% aller Frauen in dieser Region beschnitten [Foto by WADI]
Laut einer Untersuchung des Mobilen Teams von WADI in Germian sind 60% aller Frauen in dieser Region beschnitten

Während der Saddam-Zeit wurde in Kudristan wie in den meisten Gebieten, die unter einem autokratisch-diktatorischen Regime stehen, über Gewalt gegen Frauen in der Regel geschwiegen. Erst seit 1991 kann sich langsam eine Zivilgesellschaft herausbilden. Deshalb wird erst seit einigen Jahren über das Thema „ Ehrtötungen“ und andere Formen der Gewalt gegen Frauen gesprochen.
Wadi stieß bei der Arbeit mit Mobilen Teams im Nordirak bereits vor einiger Zeit auf FGM.
Expertinnen gehen davon aus, dass diese Praktik überall im Nahen Osten weit verbreitet ist.
Die Verbreitung dieser Praktik in Irakisch-Kurdistan wurde WADI aber erst im Herbst 2004in seinem ganzen Ausmaß bekannt und erschreckend ist eben nicht nur die Existenz von FGm an sich, sondern gerade die Verbreitung dieser Praktik, die man bisher häufig nur mit Afrika in Verbindung brachte.
Die NGO Wadi, die seit 1993 im Nordirak tätig ist und dort vor allem Frauenprojekte durchführt, stieß bei ihrer Arbeit Ende 2004 auf FGM und arbeitet seitdem an einer Studie über FGM in Irakisch-Kurdistan.
Die frauengeführten mobilen Teams von Wadi [23] betreuen seit 2003 Frauen und Kinder in ländlichen Regionen. Aber erst nach über einem Jahr Betreuung durch die Teams hatten die Frauen genügend Vertrauen zu den Mitarbeiterinnen gefasst, um mit diesen über FGM reden zu können. Wadi führte im Oktober und November 2004 eine Erhebung in ca. 40 Dörfern der Region Germian (im südlichen Nordirak) durch, dessen Ergebnis war, dass fast 60% der Frauen und Mädchen über 10 Jahren Opfer von FGM sind. Es wurden 1544 Frauen befragt, von denen 907 angaben, beschnitten worden zu sein. Es wird aber angenommen, dass die Zahl noch höher ist, da einige, die in dieser Auflistung als Nicht- Beschnittene aufscheinen, möglicherweise noch zu jung sind und diesem Eingriff erst unterzogen werden.
Aus einem Bericht der mobilen Teams von Wadi vom September 2004 wird die Verbreitung von FGM in den Dörfern der Region Germian ersichtlich. Als Beispiele seien hier die Berichte aus drei Dörfern angeführt:

In Chala Soork (Sarquala Nahia), welches ca. 185 EinwohnerInnen zählt, sind alle Frauen über 20 Jahre beschnitten, sowie fünf von 20 Frauen unter 20 Jahren. Seit 2003 wurden keine Frauenbeschneidungen mehr durchgeführt.

In Duraji Village (Naujul Nahia), ca. 195 EinwohnerInnen, sind alle Frauen über 25 Jahren beschnitten, aber keine einzige unter 25 Jahren. Im Gespräch sagten die Frauen, sie seien über die Folgen von FGM für das Sexualleben informiert.
Tapa Sauze (Rizgary Nahia), 80 EinwohnerInnen; Alle Frauen und Mädchen über 11 Jahren sind beschnitten.
Die Dörfer sind sehr arm: Problematisch sind vor allem die fehlende oder unhygienische Wasserversorgung, sowie extrem mangelhafte hygienische Bedingungen für die Menschen. Elektrizität ist meist nicht vorhanden.
Die mobilen Teams leisten dort Aufklärungsarbeit und verbreiten Informationen über die Gesundheitsrisiken von FGM.

02.02.2005 | The Daily Aztec
United States should not turn blind eye to female genital mutilation

Im Nordirak wird FGM nach bisherigem Informationsstand meist unter Berufung auf die Sunnah praktiziert.
Daher versucht Wadi vor allem, mit muslimischen Autoritäten zusammenzuarbeiten – mit einigen Erfolgen. Manche Mullahs halten an ihrer Unterstützung für die Praktik fest, andere wiederum unterstützen die Kampagne gegen FGM. Einige liberale sunnitische Geistliche treten öffentlich gegen FGM auf, und 2001 erliessen einige von ihnen in Suleymania eine fatwa (religiöses Gebot) gegen FGM erlassen.
Es ist als ein erster kleiner Erfolg zu betrachten, dass das FGM in Stellungnahmen im Fernsehen und Radio thematisiert bzw. erst einmal ausgesprochen wurde.

Auch lokale Autoritäten beginnen langsam das Thema ernst zu nehmen und mittlerweile ist FGM nach irakischem Strafgesetzbuch strafbar. Wenn eine registrierte Hebamme bei einer Beschneidung ertappt wird, wird ihr die Lizenz entzogen [24].
Aber bei weitem nicht alle „Beschneiderinnen“ sind registrierte Hebammen und traditionellen „Beschneiderinnen“ führen FGM in den Dörfern im Geheimen ihrer Häuser bzw. bei der betreffenden Familie durch, worauf das Gesetz (noch) wenig Einfluss hat [25].


Fehlende Statistiken

Eine Mitarbeiterin von WADI diskutiert mit Frauen in einem Dorf bei Arbil über Genitalverstümmelung [Foto by WADI]
Eine Mitarbeiterin von WADI diskutiert mit Frauen in einem Dorf bei Arbil über Genitalverstümmelung

Die Existenz von FGM in den ländlichen Gegenden ist vor Ort seit mehr als 10 Jahren bekannt und Gegenstand von Kampagnen lokaler kurdischer Frauenorganisationen. Neben Wadi kämpft zum Beispiel Rewan, eine Frauengruppe aus Suleymania, seit über zehn Jahren gegen FGM.
Erschwert wird die Arbeit aber u. a. dadurch, dass es keine Statistiken für den Fall Irakisch -Kurdistan gibt. FGM wird im Geheimen praktiztiert. Niemand redet gerne darüber.

Es wurden zwar zumindest seit der Autonomie 1991 erste Schritte unternommen, welche bislang aber nur Schwätzwerte bieten. Diese Werte bewegen sich im Bezirk Suleymania zwischen 10% und 20% [26]. FGM ist auf die südliche Hälfte Irakisch- Kurdistans und innerhalb dessen besonders auf ländliche Gebiete beschränkt.
In der Stadt Suleymania sind wahrscheinlich 2 – 3 % der Frauen Opfer von FGM. Der bisherige Informationsstand lässt sehr viel höhere Zahlen für die ländlichen Gebiete Irakisch-Kurdistans erwarten. Im Dorf Zurkan gibt es etwa drei Frauen, die Beschneidungen durchführen, bei einer Bevölkerung von 300 Familien [27].

Iraq: Study Says Female Genital Mutilation Widespread In North

Die Wadi-Studie arbeitet an einer umfassenden Datenerhebung über Existenz von FGM in Süd-Irakisch-Kurdistan und unterstützt dabei kurdische Aktivistinnen einer Praktik den Kampf anzusagen, die bis jetzt ein völliges Tabuthema darstellte.
Neben der Durchführung einer umfassenden und groß angelegte Studie über FGM in Irakisch-Kurdistan bereitet Wadi außerdem Aufklärungsfilme gegen FGM vor, die in Kurdistan gezeigt werden sollen. Ziel ist nicht nur Dokumentation, sondern primär konkrete Erfolge im Kampf gegen FGM vorort zu erzielen. Die Mobilen Teams sollen sich zu diesem Zweck auch in „mobile Kinos“ verwandeln.

Genital mutilation is traditional in Iraqi Kurdistan
Activists are seeking to end female genital mutilation in Iraq’s Kurdistan even as they try to determine how common the practice is.

Es gibt auch positive Zeichen: Eine Sozialarbeiterin der Region Hauraman erzählt, dass einige Frauen nach einem Gespräch sagten, sie wollen ihre Töchter nicht mehr beschneiden lassen. Und eine Hebamme, die seit 14 Jahren in Zurkan Geburtshilfe leistet, erzählt, dass sie seit zwei Jahren auch Frauen behandelt, die nicht beschnitten sind [28].


Das Wadi-Research- Projekt

Auch wenn FGM nach irakischem Gesetzbuch mittlerweile strafbar ist, bleibt FGM nichts desto trotz eine Praktik, die eine tiefverwurzelte Sitte der irakischen Gesellschaft darstellt.
Nach bisherigem Forschungsstand wird der Eingriff zu Hause von der eigenen Familie des Mädchens durchgeführt. Es scheint Sitte zu sein, dies im Frühling oder Anfang Sommer durchzuführen, wenn das Mädchen 4 bis 5 Jahre alt ist.
Ziel des Wadi-Research-Projektes ist es, zunächst die Gesamtsituation in Irakisch-Kurdistan und die verschiedenen Faktoren, die FGM fördern, zu erforschen. Die Datenerhebung soll unter anderem folgende Fragen klären:

  • Wieviele Mädchen und Frauen sind betroffen?
  • Welche Verbreitung hat FGM in den Städten / in ländlichen Gebieten
  • In welchem Alter wird FGM durchgeführt und von wem?
  • Welche Religion haben die Betroffenen ?
  • Wird FGM mit Tradition oder mit Religion begründet?
  • Wer setzt sich für FGM ein?
  • Welche Personen setzen sich privat / in der Familie oder offiziell gegen FGM ein?


Langfristige praktische Ziele des Wadi-Projekts

Amnesty International, 22 February 2005:
externer Link Iraq: Decades of suffering, Now women deserve better

Die Ergebnisse dieser Datenerhebung sollen als Basis für eine groß angelegte Kampagne gegen FGM im Irak dienen.
Außerdem dient das Research-Projekt der Unterstützung der kurdischen Frauenorganisationen bei ihrer Aufklärungsarbeit vor Ort. Die Daten und Ergebnisse der Studie sollen irakischen Organisationen sowie lokalen Verwaltungen als Basis für weitere Projekte und konkrete Arbeit gegen FGM bereitgestellt werden. Die Einbindung irakischer Universitäten in das Projekt soll dazu dienen, eine langfristige Forschungsbasis gegen FGM zu schaffen.
Wadi möchte mit seinem Research-Projekt FGM jedoch nicht nur im Irak thematisieren, sondern auch die Vereinten Nationen und die internationale Öffentlichkeit auf dieses Thema aufmerksam machen.

 


Fußnoten:
Links

FGM allgemein
www.frauenrechte.de
www.equalitynow.org
www.intact-ev.de
www.stop-mutilation.org
www.forward-germany.de
www.stopfgm.org
www.nocirc.org
www.fgmnetwork.org
www.rainbo.org
www.who.int
www.cirp.org/pages
www.npwj.org
www.amnesty.org
www.religioustolerance.org
www.tostan.org
www.ippf.org
www.ipu.org
http://www.womensenews.org
http://www.irinnews.org

FGM in Europa
Amnesty Deutschland

Bücher
www.questia.com

[1] Der Begriff „Genitalverstümmelung“ ist in Abgrenzung zum Begriff der männlichen Beschneidung entstanden, die in keineswegs mit FGM vergleichbar ist. Allerdings verwenden manche Aktivistinnen weiterhin den Begriff „Beschneidung“, da „Verstümmelung“ für viele Betroffene entwürdigend und verletzend ist.

[2] Die Mädchen werden in den Ferien zur Beschneidung in ihre Heimatländer gebracht oder in Deutschland beschnitten.
Nach deutschem Recht ist Genitalverstümmelung eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) bzw. eine schwere Körperverletzung (§ 226 StGB). Sie kann mit 6 Monaten bis 10 Jahren Gefängnis bestraft werden.

[3] Vgl.: Schnüll, Petra: Weibliche Genitalverstümmelung in Afrika, in:Terre de Femmes (Hg.): Schnitt in die Seele. Weibliche Genitalverstümmelung – Eine fundamentale Menschenrechtsverletzung, Frankfurt am Main 2003, S. 23-64.

[4] Vgl.: Terre des femmes (Hg.), opt. cit., S. 314.

[5] Klitoridektomie, Exzision, Infibulation.

[6] Dies ist nach bisherigem Forschungsstand die am seltensten vorkommende Form von FGM. Sunnah: Sammlung von Sprüchen und Vorschriften des Propheten Mohammed und der ersten vier Kalifen als Richtschnur muslimischen Lebens.

[7] Bereits die Bedeutung und Durchführung der Sunnah-Beschneidung ist selbst bei den Befürwortern/ Befürworterinnen umstritten, vgl.: Aldeeb Abu- Sahlieh, S.A.: Mutiler au nom de Yahve ou d´Allah. Légitimation religieuse de la circoncision masculine et féminine, Les cahiers du Monde arabe, no. 103, 1993, S. 8-9. Ursprünglich war mit Sunnah-Beschneidung ausschliesslich die Entfernung des die Klitoris umgebenden Gewebes gemeint. In der Praxis wird die Klitoris jedoch meist ebenfalls amputiert.

[8] „Man kann diese Formen medizinisch mit einer teilweisen oder vollständigen Entfernung des Penis beim Jungen vergleichen.“, zitiert nach: Terre des femmes e.v. (Hg.): Wir schützen unsere Töchter, Informationsbroschüre, Aachen 2005, S. 1.

[9] Aldeeb Abu-Sahlieh, S.A., opt. cit., S.9. In manchen Gegenden werden Frauen nach jeder Geburt erneut infibuliert.

[10] Diese Argumentationen gelten für die afrikanischen und islamischen Gebiete, in denen bisher FGM erforscht wurde. Wadi arbeitet zurzeit an einer Studie, die unter anderem festzustellen soll, mit welcher Argumentation FGM in Irakisch-Kurdistan begründet wird und welche Gruppen die treibenden Kräfte für und gegen FGM sind.

[11] „Die Beschneidung macht das Gesicht der Frau strahlender“, Sunnah Mohammeds, zitiert nach Aldeeb Abu-Sahlieh, opt. cit., S. 12.

[12] Vgl.: Aldeeb Abu-Sahlieh, S., opt. cit., S. 30-35.

[13] Hadith: arab. Für „Rede, Bericht“; muslimische religiös-moralische Verhaltensmaßregeln, die aus dem Leben des Propheten Mohammed überliefert wurden.

[14] Bzw. „Das macht das Gesicht der Frau strahlend“, vgl. Aldeeb Abu-Sahlieh, opt. cit., S. 12.

[15] Aus der Textstelle geht hervor, dass diese Beschneiderin ihre Tätigkeit nicht erst auf Anweisung Mohammeds, sondern bereits vorher ausübte.

[16] vgl. Schnüll, P., in : Terre de Femmes, opt. cit., S. 44. Teilweise stützen sich die Befürworter auch auf den Hadith «Nachdem die beiden beschnittenen Körperteile (khitanan) sich getroffen und sich berührt haben sollst Du dich für das Gebet waschen », vgl. Aldeeb Abu-Sahlieh, opt. cit., S. 13.

[17] Vgl.: Genesis, 17.9-14.

[18] Vgl. Aldeeb Abu-Sahlieh, S., opt. cit., S. 17-20.

[19] „Es gibt keinen einzigen religiösen muslimischen Text, der die Beschneidung der Frau vorschreibt.“, Sheikh Abbas, Direktor des Institut musulman der Moschee von Paris, zitiert nach Aldeeb Abu-Sahlieh, opt. cit., S. 15.

[20] Vgl.:Al- Sukkari, A.: Khitan al-dhakar wa-khifad al-untha min manzur islami, Heliopolis 1988, S. 103-107. Al-Sukkari begründet FGM einerseits mit dem Koran und der Sunnah, andererseits mit der Norm, da das muslimische Recht besagt, man soll die Norm (im allgemeinen Sinne) lieber anwenden, als sie abzuschaffen. Er betrachtet FGm folglich als altbewährte Norm, die man bewahren solle.

[21] Vgl.: El-Saadawi, Nawal: The hidden face of Eve. Women in the arab world, London 1980, S. 41-42.

[22] Vgl.: Koran, 4. 119.

[23] Frauengeführte mobile Teams: Seit 2003 betreuen mehrere mobile Teams Frauen und Kinder in den Regionen Mossul, Hawler/Arbil, Kirkuk, Suleymania, Halabja und Germian. Die Teams bestehen aus einer Ärztin und einer Krankenschwester, die Gesundheitsberatung und ambulante Untersuchungen anbieten, sowie aus einer Sozialarbeiterin bzw. Psychologin, die den Frauen in rechtlichen und psychosozialen Fragen zur Seite steht. Die Aufklärung über Frauenrechte und die Thematisierung von Gewalt in der Familie tragen dazu bei, die gesellschaftliche Stellung von Frauen und Kindern zu stärken. Zusätzlich erhalten Familien materielle Unterstützung in Form von Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten.

[24] Häufig wirken solche Skandale für die betroffene Beschneiderin allerdings wie eine äußerst effiziente Werbekampagne.

[25] vgl. Birch, Nicholas: Genital Mutilation is traditional in Iraqi Kurdistan. In: Women´s News (1.8.2004)

[26] Nach anderen Schätzungen ist diese Praktik auch im Norden , etwa im Barzan-Tal verbreitet.

[27] vgl. ebd.

[28] vgl. ebd.

 


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