HOME | Buchrezension


Antifa Duisburg

Thomas von der Osten-Sacken/Arras Fatah (Hg.): Saddam Husseins letztes Gefecht?

Der lange Weg in den III. Golfkrieg, Konkret Verlag, 283 S., € 15,20

"Ich werde jedes Buch über Saddam lesen um zu beweisen, dass das von Osten-Sacken scheiße ist." So Jürgen Elsässer bei seiner Antikriegsveranstaltung in der Barrikade am 17.02.02. Und weiter: "Mal unter uns, Genossen. Ich freue mich über jeden abgeschossenen Ami-Hubschrauber." Damit wäre die Motivation der ersten Ankündigung geklärt, ob es ihm gelingen wird ist unwahrscheinlich.

Neun Autoren haben Osten-Sacken und Fatah für ihr Buch gewinnen können, eine umfangreiche Materialsammlung wurde vorgelegt.

Im ersten Teil des Buches über die Geschichte des Irak beginnt Arras Fatah bei dem Beschluss von 1921, einen irakischen Staat zu gründen und begleitet die verschiedenen Phasen der Entwicklung, die letztendlich bei der Herrschaft der Ba`thpartei endete. "Der Erfolg der irakischen Ba`th-Partei liegt nicht zuletzt darin begründet, daß es ihr gelang, den panarabischen Antikolonialismus mit einem national-irakischen Entwicklungsmodell zusammenzuführen." Im Zusammenhang mit diesem panarabischen Eroberungswillen entstand bereits 1935 die Forderung nach einer Annexion Kuwaits. Aber auch die Betrachtung der Ideologie der Ba`thherrschaft kommt nicht zu kurz. So wird eine Feindsemantik festgestellt, die Grundvoraussetzung der irakischen Staatsideologie ist. Ohne äußere und innere Feinde, die zumeist jüdisch seien oder zumindest unter jüdischem Einfluss ständen, wäre der irakische Ba`thismus seiner Existenzberechtigung beraubt. Dass die Bereitschaft besteht, die Vernichtungsideologie auch in die Tat umzusetzen, daran lassen die Ba'thisten keinen Zweifel aufkommen, denn "erst die Existenz wirklicher Feinde aus Fleisch und Blut erfüllt unsere Lehre mit Leben und läßt unser Blut wallen", so der ideologische Wegbereiter Michel Aflaq. In diesem Zusammenhang kommt Thomas Uwer auch zu dem Schluss, dass die seit 1990 auf dem Lande lastenden UN-Sanktionen für die Ba'thisten den Idealfall zur Legitimation ihrer Herrschaft darstellen. Ein äußerer Feind, der dafür sorgt, dass die Menschen auf Gedeih und Verderb an das System gefesselt sind.

Im zweiten Teil des Buches wird untersucht, wie "Ideologie, Terror und Vernichtung" zu einer Einheit verschmelzen und Bestrafung und Angst den Alltag der Iraker bestimmen. "Außer von Agenten fremder Mächte sieht der Ba`thismus sich und die arabische Nation von einem perfiden, unsichtbaren Feind im Volke bedroht." "Der Körper des irakischen Bürgers ‚gehört' dem Staat, der jederzeit darüber entscheiden kann, ob und wie der Einzelne liquidiert wird." Doch am schlimmsten wurden die Kurden im Norden des Iraks und auch die Schiiten im Süden von den Anfal-Kampagnen getroffen. Khaled Salih und Bachtiar Mohammed erörtern den aktuellen Wissensstand über diese Vernichtungskampagnen Saddam Husseins.

Aber auch das wirtschaftliche und friedensbewegte Verhältnis der Deutschen zum Irak kommt im letzten Teil "Der Irak im internationalen Kontext" nicht zu kurz. Hans Branscheidt untersucht die Rolle des "deutschen Exportweltmeisters als Todeshändler". Neben der Erfüllung der Wünsche Vernichtungswaffen zu besitzen, machen die Deutschen noch ganz andere Dinge wahr: "'Es ist das Wahrwerden des Traumes von Saddams Regime, daß sich die europäische Friedensbewegte seine ureigenen Forderungen auf ihre Fahnen schreiben.' Offener Brief verschiedener irakischer Gruppen, 2001". Die düstere Ahnung, dass sich das, was Andrea Woeldike attestiert, wiederholen könne, ist wahr geworden: Die Allianz des Schreckens von NPD bis DKP im Kampf gegen amerikanischen Imperialismus, Zionismus und kulturelle Dekadenz. Und schlimmer noch, die nationale Wiedererweckungsbewegung hat mit dem Umzug von Bonn nach Berlin an Kraft und Größe erschreckend dazu gewonnen.

Wer also über den Irak und den Krieg mitreden will, kommt letztendlich nicht herum, die gut 280 Seiten zu studieren. Das hat selbst Jürgen Elsässer bemerkt.

Horst van Houweninge, Antifa Duisburg


WADI e.V. | tel.: (+49) 069-57002440 | fax (+49) 069-57002444
http://www.wadinet.de | e-mail: