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11.03.2008 | KOFF.ch | Anita Müller

Nordirak: Folgen der Vergangenheit lasten schwer

von Anita Müller

An einem vom Kompetenzzentrum im März organisierten Irak-Rundtisch trafen sich VertreterInnen von verschiedenen Stellen der Bundesverwaltung und von Schweizer Nichtregierungsorganisationen zu einem Meinungsaustausch mit vier MitarbeiterInnen der deutsch-irakischen NGO Wadi und einer Abgeordneten des nordirakischen Parlaments. Die Delegation aus dem Nordirak war auf Einladung von Caritas Schweiz, Green Cross und der Gesellschaft für bedrohte Völker in die Schweiz gekommen.

Die nordirakischen TeilnehmerInnen schilderten am Treffen die wichtigsten Herausforderungen, denen sie sich bei ihrer humanitären und menschenrechtspolitischen Arbeit gegenübersehen. Dabei wurde deutlich, wie schwer das unbearbeitete Erbe der Vergangenheit bis heute auf der Region lastet. Die gegen die Kurden (und Schiiten) gerichtete „Anfal-Operation“ des Saddam-Regimes und der Giftgas-Angriff von Halabja jähren sich dieses Jahr zum 20. Mal. Nach Angaben der Rundtisch-Gäste wurde bis heute aber wenig unternommen, um die Opfer dieser Ereignisse zu unterstützen. Es fehle an qualifizierten Angeboten für die Bearbeitung der psychischen Leiden der Betroffenen ebenso wie an adäquaten Möglichkeiten zur Behandlung der physischen Verletzungen. Der Giftgasangriff habe auch im Umweltbereich riesige Schäden verursacht, für deren Behebung noch kaum etwas getan werde. Schliesslich warteten die Opfer bis heute auf eine offizielle Anerkennung des Geschehenen und auf Reparationen. Ausserordentlich wichtig sei deshalb die internationale Anerkennung der Ereignisse von Halabja als Genozid. Nach Meinung der VertreterInnen aus dem Nordirak könnten Akteure wie die Schweiz hier wichtige Beiträge leisten. Konkrete Vorschläge betrafen unter anderem die politisch-rechtliche Unterstützung bei den Anstrengungen zur Anerkennung von „Halabja“ als Genozid, die technisch-wissenschaftliche Hilfe zur Verbesserung der Umweltbedingungen und Visa-Erleichterungen für Opfer, die spezielle Behandlungen in Europa benötigen.

Weitere Punkte der Diskussion betrafen die Vernachlässigung der ländlichen Gebiete bei den Entwicklungsanstrengungen der Regierung, Probleme der Regierungsführung und die fehlenden Zukunftsperspektiven für die Jugend. Als Erfolgsbeispiel genannt wurden die grossen Fortschritte von Wadi bei der Aufklärung gegen Gewalt an Frauen und gegen die weibliche Genitalverstümmelung in den letzten vier Jahren.


© KOFF.ch, 11.03.2008


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