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Erbil, Iraq / Berlin,
04. April 2007

Presseerklärung

 

An: Redaktionen Ausland

 

Kurdischer Nordirak:

Expertengruppe berät Gesetzentwurf zur Ächtung weiblicher Genitalverstümmelung

Erbil, Iraq/Berlin, 4. April.2007: Der Kampf gegen die Verstümmlung weiblicher Genitalien - kurz FGM (Female Genital Mutilation) - ist seit Jahren Gegenstand der Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik. Die »Beschneidung« weiblicher Genitalien, meist im Kindesalter und von medizinischen Laien durchgeführt, gilt international als Verbrechen. Als größtes Hindernis steht der Bekämpfung von FGM das Tabu entgegen, über den Eingriff und die damit regelmäßig verbundenen Leiden der Betroffenen zu sprechen.

Frauen im kurdischen Nordirak haben dieses Tabu gebrochen. Seit Ergebnisse von Befragungen bekannt wurden, die seit 2005 in einzelnen Regionen der kurdischen Region des Irak durchgeführt wurden, haben sich Frauen- und Menschenrechtsgruppen vor Ort des Themas angenommen. Bis zu 60 % der Frauen und Mädchen in der ländlichen Region Germian gaben an, »beschnitten« zu sein. Anlässlich des internationalen Frauentages Anfang März erschien in verschiedenen Zeitungen der Region ein offener Brief, der vom kurdischen Regionalparlament eine rechtliche Ächtung von FGM fordert. Mehr als 13.000 Unterzeichner, unter ihnen viele Prominente, haben den Brief binnen weniger Tage unterstützt.

Eine entsprechende Kampagne, bei der sich die Menschen direkt mit einem so heiklen Thema an das Parlament wenden, hat es bislang im Irak noch nicht gegeben

Als erstes Ergebnis der Initiative wurde heute in der Regionalhauptstadt Erbil eine Expertenkonferenz eröffnet, an der neben Vertreterinnen von Frauen- und Menschenrechtsgruppen medizinische Fachleute, Rechtsexperten des kurdischen Parlaments und Vertreter des Justiz- und Innenministeriums der Region teilnehmen, um eine Gesetzvorlage zur Ächtung von FGM auszuarbeiten. Zur Diskussion stehen dabei auch die Erfahrungen mit ähnlichen Gesetzen in anderen, auch europäischen Ländern. »Ziel ist, die Verstümmlung von Frauen und Mädchen als Tatbestand zu formulieren und aus dem Kontext von Ehre, Tradition und Kultur herauszulösen«, sagt Cheman Rashid, eine der Organisatorinnen der Konferenz und Mitarbeiterin der Hilfsorganisation WADI. Das Gesetz, so Rashid weiter, soll deutlich machen, dass »der Schutz des Lebens und der Freiheit von Frauen und Mädchen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Frauen sind nicht das Eigentum ihrer Familien. Es darf nicht weiter hingenommen werden, dass mehr als die Hälfte der Bürger unserer Region allein aufgrund ihres Geschlechts von den grundlegendsten rechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit ausgeschlossen werden.«

Die Veranstalter sehen gute Chancen, dass ein entsprechendes Gesetz vom kurdischen Regionalparlament angenommen wird. Die irakische Verfassung erlaubt den einzelnen Regionen des Landes weite Autonomierechte bei der Gesetzgebung.

Die Konferenz wird von der deutsch-österreichischen Hilfsorganisation WADI unterstützt. Gemeinsam mit lokalen Organisationen und wissenschaftlich begleitet von Mitarbeitern deutscher und irakischer Universitäten beginnt in diesem Jahr eine umfassende Studie über die Verbreitung von FGM im kurdischen Nordirak.


gez. Anne Mollenhauer
- Vorsitzende

Suaad Abdulrahman
- Wadi Women Project Co-ordinator


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