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BRIEF DER IRAKISCHEN OPPOSITIONSKRÄFTE IN DEUTSCHLAND AN AUSSENMINISTER FISCHER


Herrn
Außenminister J. Fischer
Auswärtiges Amt
11013 Berlin


Hamburg, 29.10.2002


Sehr geehrter Herr Außenminister Fischer,

vom 01. bis 02. November 2002 findet im Schöneberger Rathaus in Berlin ein internationaler Kongress statt, der unter dem Motto steht „Der Irak - Alternativen zu Embargo und Krieg". Die Organisatoren dieses Kongresses haben sich „die notwendige Normalisierung der wirtschaftlichen wie diplomatischen Beziehungen" Deutschlands zum Regime im Irak zum Ziel gesetzt. Es wird für notwendig gehalten, „dass die Regierung des bedrohten Landes ebenfalls ihre Position darlegen kann, unabhängig davon, was wir inhaltlich von ihr halten".

Zu diesem Kongress gibt es sehr kritische Anmerkungen, weil wir bei diesem Kongress bzw. den Initiatoren die Gefahr sehen, dass die Kritik am Vorgehen der USA gegen den Irak und die Ablehnung des geplanten Krieges der Rehabilitierung des verbrecherischen Saddam-Regimes dienen kann.

Der Kongress wird von der „Initiative gegen das Irakembargo Deutschland“ organisiert, deren Sprecher u.a. Joachim Guillard, Hans von Sponeck und Jamal Karsli sind. Der Sprecherkreis der Initiative geht davon aus, dass Saddam Hussein legitimer Vertreter des irakischen Volkes ist und auch für die nächste Zukunft der einzig mögliche Herrscher im Irak ist. Neben seriösen Organisationen der bundesdeutschen Friedensbewegung wie z.B. IPPNW, Friedensratschlag, Versöhnungsbund und DFG-VK ist Mitveranstalter allerdings auch die „Deutsch-Irakische Gesellschaft“ und die „Deutsch-Arabische Gesellschaft (DAG)". Wir halten es für äußerst fragwürdig, sich mit solchen Gruppierungen einzulassen, insbesondere dann, wenn man genau weiß, wer dahinter steht.

Herr Aziz Alkazaz ist Generalsekretär der Deutsch-Irakischen Gesellschaft und zugleich Gründer und Vorsitzender der Irakischen Initiative für Gerechtigkeit und Völkerverstän-digung (IGV), sowie Vizepräsident des Kongresses der Auslandsiraker (al-Mughtaribin). Der Kongress der Auslandsiraker ist eine der Baath-Partei nahestehende weltweite Organisation, die sich regelmäßig in Bagdad trifft, um sich dort mit Regierungsvertretern zu koordinieren. Wir sind der Meinung, dass der Kongress der Auslandsiraker vor allem auch dazu dient, im Ausland lebende Oppositionelle auszuspionieren. Auch die anderen Gruppen, in denen Herr Alkazaz wichtige Positionen einnimmt, zeichnen sich durch unmittelbare Nähe zum Regime aus.

Herr Alkazaz organisierte auch den sogenannten und zweifelhaften Solidaritätsflug vom 1. bis 4. Juni 2001 nach Bagdad. Dieser Flug fand damals heftige Kritik, weil die TeilnehmerInnen Gäste der irakischen Regie­rung waren und auf deren Kosten in Bagdad logierten.

Einer der Reiseteilnehmer war der Ihnen bekannte Möllemann-Freund Jamal Karsli (MdL), der in seinem Reisebericht schrieb: „Im Rahmen der Reise hatten weder ich noch andere den Eindruck einer Vereinnahmung durch die gastgebende Seite. Es bestand im Gegenteil jederzeit die Möglichkeit zu kritischer Nachfrage."

Eine weitere kritische Bewertung betrifft auch den anderen Mitveranstalter des Berliner Kongresses, die Deutsch-Arabische Gesellschaft (DAG), deren Präsident Herr Jürgen W. Möllemann ist, dessen Finanzquellen gerade in diesen Tagen immer erklärungsbedürftiger werden.

Wir sind empört darüber, dass auf diesem Kongress auch Propagandisten von Saddam Hussein auftreten sollen:

Prof. Dr. Mazin Al-Ramadhani , Dekan des Instituts für politische Wissenschaften an der Universität Bagdad, ist einer der angekündigten Referenten. Ursprünglich waren Abdul Razak Al-Haschimi, außenpolitischer Sprecher des Baath-Regimes in Europa und ehemaliger Botschafter in Bonn und Paris, und Aziz Alkazaz eingeladen. Auf Druck kritischer Stimmen und wohl auch um den deutlichen Geruch der Propaganda abzuschwächen wurde von deren Auftritt abgesehen und Herr Prof. Dr. Mazin Al-Ramadhani eingeladen.

Sehr bedauerlich finden wir, dass von den Kongress-Veranstaltern der Irakkonflikt auf die Frage des Embargos und des drohenden Krieges reduziert wird und kein kritisches oder ablehnendes Wort zur menschenverachtenden Diktatur im Irak gefunden wird. Zu den Verbrechen im Irak und der Tatsache, dass vier Millionen Menschen aus dem Land fliehen mussten, ist kein Wort zu finden.

Saddams Regime hat ohne Not zwei verheerende Kriege gegen Iraks Nachbarn geführt. Ein weiterer Krieg, den das Regime derzeit führt, ist ein Krieg im Innern gegen das irakische Volk. In diesem Krieg werden irakische Männer, Frauen und ihre Kinder gefoltert, vergewaltigt und ermordet. In den meisten Fällen werden die Opfer beschuldigt, gegen das Regime und für Demokratie zu arbeiten. Menschenrechtsorganisationen, wie z.B. amnesty international und die UNO-Menschenrechtskommission, haben dies wiederholt bestätigt.

Sehr geehrter Herr Außenminister, wir bitten sie herzlich: Verweigern Sie Herrn Prof. Dr. Mazin Al-Ramadhani und allen Vertretern des Saddam-Regimes als Repräsentanten eines brutalen und die Menschenrechte verachtenden Regimes die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Bringen Sie damit zum Ausdruck, dass die Propagandisten von Saddam Hussein in Deutschland nicht willkommen sind. Dies ist auch wichtig, weil das irakische Regime versucht, die deutsche Position gegen den Krieg im Irak zu nutzen, um sich wieder hoffähig zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Die Unterzeichnenden

Demokratische irakische Versammlung
Der Oberste Rat der islamischen Resistance im Irak
Islamische Daawa-Partei
Irakische Kommunistische Partei
Irakische Nationale Einheit
Irakische Nationale Partiotische Einheit
Kommunistische Partei Kurdistan-Irak
Partiotische Union Kurdistan (PUK) - Sektion Deutschland
Islamische Union der Türkischsprachigen Volksgruppe des Iraks


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