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Linke, Islamisten, ein teilentmündigter Rabbinerdarsteller und der Hass auf Amerika

Der Besuch George W. Bushs in Europa machte einmal mehr klar, wie stark die antiamerikanische Hegemonie in (West-)Europa, insbesondere in Österreich ist.

von Thomas Schmidinger

“Die Stimmung gegen Bush und seine Kriege ist überwältigend. Schon am Tag der Ankunft des Imperators gaben die Wiener ihrem Unmut über den Ausnahmezustand in der Stadt freien Lauf.“ Die offen den „Irakischen Widerstand“, die Hamas und andere Feinde des Westens unterstützende Antiimperialistische Koordination (AIK) jubelt und hat ausnahmsweise sogar recht. Tatsächlich glich Wien in der vergangenen Woche einem Heerlager des Antiamerikanismus.

15.000 DemonstrantInnen fanden sich am 21. Juni in Wien ein und gegen den US-Präsidenten zu demonstrieren. Ziel der Demonstration war dabei jedoch nicht eine Kritik an dieser oder jener Maßnahme oder der politischen Ausrichtung der derzeitigen US-Politik, sondern vielmehr die USA, personifiziert in ihrem Präsidenten, an sich. Bereits am Vormittag waren wiener SchülerInnen von ideologisierten K-Gruppen trotzkistischer, maoistischer und post-stalinistischer Provenienz zu einer SchülerInnendemonstration gekarrt worden.

Die ersten US-Fahnen stiegen bereits dabei in Rauch auf. Für die spätere Demonstration hatten sich jene Gruppen die in ihrem Antiamerikanismus auch offen mit gihadistischen Islamisten Zusammenarbeiten, wie die den „irakischen Widerstand“ unterstützende Antiimperialistische Koordination (AIK) oder der trotzkistische ArtbeiterInnenstandpunkt (Ast) oder der immer noch bei vielen angesehene Mitarbeiter des Österreichischen Lateinamerika Instituts Leo Gabriel, der bereits mehrfach offen seine Sympathien für Saddam Hussein und den Terror im Irak geäußert hatte, zu einer eigenen „verschärften“ Demonstration aufgerufen, die sich letztlich jedoch nur in zwei verschiedenen RednerInnenbühnen auf der selben Demonstration wiederspiegelte.

Letztlich machten beide Demonstrationen Bush und Amerika für alles Böse auf der Welt verantwortlich, vom Hunger über den „Völkermord im Irak“ bis natürlich zur „zionistischen Aggression“ gegen die Palästinenser. Dementsprechend selbstverständlich war auch das offene Bündnis mit Islamisten. Awni al Kalemji sprach auf der Bühne der „Antiimperialisten“ für den „irakischen Widerstand“ und trat dabei gemeinsam mit George Galloway und Leo Gabriel auf

Im Rahmen einer „interreligiösen“ Kundgebung die die AIK organisiert hatte, traten schließlich nicht nur Islamisten, sondern auch der „ultraorthodoxe“ Wiener Rabbinerdarsteller Moishe Arye Friedman, sowie Hana Athala, ein griechisch-orthodoxer Erzbischof aus Jerusalem, auf um den vermeintlich völlig friedlichen Charakter der Forderung nach der Zerstörung Israels zum Ausdruck zu bringen.

Auf einer parallel vom Moishe Arye Friedman, der als Teilentmündigter keinerlei reale Gemeinde hinter sich hat aber umso mehr Beifall bei Rechtsextremen und „antizionistischen“ Linken genießt, organisierten „Friedenskonferenz“ sprach nicht nur Josef Lanzl, der Direktor der privaten islamischen Volksschule in Wien über „Die doppelten Standards des Westens gegenüber dem Islam und insbesondere gegenüber der Islamischen Republik Iran“ oder George Nicola, der Präsident der Palästinensischen Gemeinde in Österreich, der auch schon im Neonazi-Zentrum „Haus der Heimat“ aufgetreten ist, über die „Koexistenz aller Religionen und Kulturen in einem befreiten Palästina“.

Mit ihnen traten auch der armenische Bischof Mesrob Krikorian und eine Reihe anderer Rabbiner aus der Bewegung „Neturei Karta“ auf.

Dies war dem Mainstream der Bush-Hasser dann doch zu verwirrend und schließlich wollte man zwar gegen Bush demonstrieren, aber dann doch nicht als „Antiamerikaner“ abgestempelt werden. So unterstützen die Wiener Grünen, die KPÖ und einige Parteiorganisationen der SPÖ zwar die große Demonstration, nicht aber die Aufrufe von AIK, Ast und Konsorten. Für den Zuseher sichtbar war der Unterschied jedoch nicht. Immerhin wurden die „Antiimperialisten“ von denen man sich ja angeblich so sehr distanziert hatte, mit ihren Rednern und Slogans auf der gemeinsamen Demonstration geduldet. Niemand erregte hier Anstoß am Verbrennen US-amerikanischer Fahnen oder am symbolischen Erhängen einer George W. Bush-Puppe. Während sich die sozialdemokratische Basis an der Demonstration beteiligte begnügte sich SPÖ-Chef Gusenbauer jedoch damit Cindy Sheehan, jene Mutter eines freiwilligen Soldaten, der im Irak ums Leben gekommen ist und nun in den USA zur Prominenten Befürworterin eines sofortigen Truppenabzugs aus dem Irak geworden ist, zu empfangen und ansonsten die Wahl Bushs zur inneramerikanischen Angelegenheit zu erklären. Sheehan selbst nahm nach dem Treffen mit Gusenbauer als Stargast an der Großdemonstration teil.

Weder ihr, noch anderen DemonstrationsteilnehmerInnen dürfte aufgefallen sein, dass trotz der Prominenz die der Irak-Krieg auf der Demonstration einnahm, keine der immerhin rund 5.000 ExilirakerInnen in Österreich an der Demonstration teilnahmen. Lediglich die „Irakische Gemeinde“, eine Organisation die zu Saddam Husseins Zeiten als Verein des Botschaftspersonals und ihrer Familien gegründet worden war, stand auf den Aufrufen zur großen Demonstration. Dafür konnten sich einige DemonstrantInnen vor lauter Begeisterung für Bushs Gegner gar nicht mehr einkriegen. Einer Band, die mit Usama bin Laden T-Shirts auftrat wurde unterschiedslos zugejubelt.

In Budapest, wohin Bush von Wien aus weiterflog, schien der US-amerikanische Präsident wesentlich willkommener gewesen zu sein. Dort nahm Bush an einer Gedenkfeier für die Niederschlagung des Ungarn-Aufstands 1956 teil. In den ehemals realsozialistischen Staaten wird die USA von vielen, selbst von Teilen der Linken, immer noch primär als Hort der Freiheit gesehen der man für die Hilfe bei der Überwindung des Realsozialismus dankbar ist. Auch dass Regime Changes etwas positives haben können, ist man sich hier eher bewusst, als im „alten Europa“.


Artikel erschienen in "die jüdische" am 03.07.2006


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