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Irak: Metropolen sichern sich ihre Geldquellen

Antwort auf "Rückkehr und Reformen" von Fischer-Tahir/Pommerening in ak 399

"Die politische Niederlage der USA fällt zusammen mit dem Auseinanderbrechen der Koalition, die bislang die Stabilität am Golf gesichert hat." (Henry Kissinger in der Los Angeles Times)

Als in den ersten Septembertagen vergangenen Jahres irakische Regierungstruppen in die bis dato befreite, d.h. zumindest nicht unter dem Joch des irakischen Zentralregimes stehende, kurdische Stadt Arbil einmarschierten, brach die für den befreiten kurdischen Teil des Iraks gültige Nach(golf)kriegsordnung in sich zusammen. Die Invasion der Regierungstruppen, während derer die irakischen Sicherheits- und Geheimdienste Viertel für Viertel der Stadt, Gefängnisse und Krankenhäuser nach Oppositionellen durchkämmten, um - ihrer habhaft geworden - sie in die Geheimdienstknäste von Mossul und Kirkuk zu verschleppen oder gleich in der nächsten Seitenstraße zu erschießen, war eine logische Folge der Irakpolitik der westlichen Golfkriegs-Allianz. Gleichwohl hatte niemand sie erwartet. Nach dem Umbruch vom us-amerikanisch dominierten Anti-Irak Regime zu einem neuen, Hussein-freundlichen Interim-Regime in Irakisch-Kurdistan, dessen kurdischer Hauptprotagonist Barzani zwar mehr Land, dafür aber nicht mehr die auch nur nominelle Macht es nach Gutdünken zu verwalten besitzt, ist die Solidaritätsbewegung für Irakisch-Kurdistan paralysiert. In AK 399 schrieben Andrea Fischer-Tahir und Christian Pommerening: "´Der Traum (von Emanzipation) ist aus´ müssen wir uns spätestens eingestehen, seit mehrere tausend vermeintliche CIA-Agenten kampagnenartig aus dem Nordirak ausreisten und nach Guam geflogen wurden." Gleichzeitig greifen sie einen von us-amerikanischen Menschenrechts-Organisationen verfaßten und von deutschen Organisationen [1] in der taz veröffentlichten offenen Brief an us-Präsident Clinton an, der einen Schutz der kurdischen Zivilbevölkerung, mithin die Rückkehr zum status quo ante forderte. Dieser hatte den Menschen nicht die Freiheit vor Ausbeutung, Unterdrückung und Verfolgung geboten, wohl aber die Sicherheit vor dem systematischen Staatsterrorismus der irakischen Regierung, vor Deportationen und Giftgasangriffen. Die dem Zitat inhärente Aussage, daß der Traum von Emanzipation zuende sei, wenn amerikanische Organisationen das Land fliehen, ist bitter; dennoch ist sie wahr. Daß es 1991 eine kurdische "Befreiung" gegeben hat, die mehr war, als ein gerechter aber hoffnungsloser Aufstand einer gequälten und gegängelten Bevölkerung, aber auch nicht mehr werden konnte, als ein unhaltbarer Status Quo, eine "Republik der Staatenlosen" [2], liegt in der von den USA dominierten Irak-Politik seit 1991 begründet.

pax americana

Ohne Zweifel sind die USA die wichtigste imperiale Macht im Nahen-Osten. Kein anderer Staat verfügt über eine vergleichbare militärische Präsenz in der Region [3] und über ein ähnliches wirtschaftliches und politisches Bündnissystem zu Saudi-Arabien, den Emiraten und der Türkei. So kann es niemanden verwundern, daß gerade die us-Regierung 1990 die Führung der Anti-Irak-Koalition übernahm und auch nach dem Ende des Golfkrieges die westliche Irak-Politik dominierte. Diese zielte trotz einer vorübergehenden Konsolidierung des Hussein-Regimes langfristig auf dessen Ablösung und stützte sich dabei maßgeblich auf zwei Strategien: Die Beibehaltung des seit Mitte 1991 geltenden Embargos zur Schwächung und inneren Isolierung der irakischen Führungsclique und der Aufbau einer Elite, die nach Husseins Ende an der Spitze des irakischen Staates installiert werden sollte. Die seit 1991 befreiten Gebiete des kurdischen Nordiraks stellten zugleich das Operationsgebiet als auch die Rechtfertigung dieses strategischen Konzeptes dar. [4] Die pax americana bedeutete für die irakischen Kurden Not und Unfreiheit (durch das anhaltende Embargo) und Schutz vor dem irakischen Regime zugleich.

Weniger der Einmarsch von Husseins Truppen im kurdischen Nordirak als vielmehr die vollkommene Unfähigkeit der Clinton-Regierung, ihre Interessen im Irak - und damit die irakischen Kurden - zu schützen, demonstrierte das endgültige Scheitern der amerikanischen Hegemonie in der Irak-Politik. Beim Einmarsch irakischer Regierungstruppen in Arbil wurden nahezu sämtliche Operationsstrukturen des CIA und der us-nahen irakischen Opposition zerstört. Saudi-Arabien und die Türkei, selbst Kuwait, untersagten dem us-Verteidigungsministerium einen Einsatz der dort stationierten US-Militäreinheiten gegen den Irak. Sowohl die Versuche des damaligen us-Außenministers Christopher, die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates zu einer Rücknahme der erst im Juli 1996 verabschiedeten Embargolockerung gegen den Irak zu bewegen, als auch die Verhandlungsangebote des us-amerikanischen Nah-Ost-Experten Pelletreau an die kurdischen Parteien scheiterten kläglich. So weigerte sich der türkische Ministerpräsident Erbakan schlicht, us-Verteidigungsminister Perry zu empfangen und während Barzani zu dem Treffen mit us-Unterhändler Pelletreau lediglich einen subalternen Parteifunktionär in die Türkei entsandte, empfing er zeitgleich den irakischen Außenminister Tarik Aziz und Husseins Sohn Udai zu Gesprächen in seiner Parteizentrale. Symptome, die den Zusammenbruch der us-amerikanischen Hegemonie in Irakisch-Kurdistan beschreiben und prospektive den irakischen Kurden ein nahes Ende ihrer Befreiung ankündigen.

Der Ausnahmezustand als Norm

Seit der Befreiung vom Regime Husseins, ist die Region gänzlich abhängig vom illegalen Grenzschmuggel zur Türkei und dem Iran und vor allem von westlichen Hilfsorganisationen, deren Projektmittel ca. 80% des wirtschaftlichen Gesamtvolumens ausmachen. Die Kontrolle dieser Hilfsmittel kommt einer Kontrolle der Region praktisch gleich. Über fünf Jahre wurde Irakisch-Kurdistan mittels einer immens aufwendigen Hilfspolitik abhängig und doch am Leben gehalten. Außenpolitische Eskapaden der kurdischen Parteien verboten sich alleine schon aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Hilfsbudget der westlichen Geberstaaten. Die großen kurdischen Parteien formierten sich folglich um reaktionäre, regionale Machteliten, die in der Lage waren, ein Verteilungssystem zu organisieren, mittels dessen die Hilfsmittel akkumuliert werden konnten. Die Dialektik der amerikanischen Irak-Politik, die darauf abzielte, korrumpierbare Verbände zu schaffen, die aufgrund der permanenten Sorge um die Sicherung konkreter Eigeninteressen an die Geberstaaten gebunden sind, zeigte sich zugleich in der fortschreitenden Destabilisierung der Region. Die territoriale Ausweitung der als Parteien konstituierten regionalen Interessenverbände nämlich sicherte jenen auch einen Zuwachs an Kontrolle über ortsgebundene Hilfsprogramme und damit eine Ausweitung konkreter wirtschaftlicher Macht, die von der Schaffung von Arbeitsplätzen bis zum strategischen Einsatz von Hilfsprojekten zur Befriedung von Aufständen reicht. Es durfte niemanden verwundern, daß die Banden, die man zu solchen gemacht hatte, sich auch entsprechend verhielten. Der latente Konflikt zwischen den beiden größten kurdischen Parteien PUK (Patriotische Union Kurdistans) und KDP (Kurdische Demokratische Partei) schlug 1994 in einen offenen Krieg um Einfluß und Ländereien um, zu dessen Finanzierung sich die Parteien den Nachbarstaaten Iran und Türkei andienten.

Der latente Ausnahmezustand im kurdischen Nordirak konnte für die us-amerikanische Regierung nur so lange kontrollierbar sein, wie auch die übrige Irak-Politik dem Diktum der Absetzung Husseins folgte und niemand den Kurden eine Alternative zu bieten hatte. Mittels ihrer Hilfsprogramme haben sich seit 1992 - neben dem Iran und der Türkei - auch europäische Staaten in die Region eingekauft. Die Bundesregierung hat im kurdischen Nordirak von Beginn an auf den richtigen Kandidaten Barzani gesetzt. So gehört die Finanzierung der "Vertretung der irakischen Kurden", die per Postfachadresse in St.Augustin bei Bonn residierende Deutschland-Vertretung der KDP, genauso zur deutschen Irak-Politik seit 1992, wie die Kanalisierung von Hilfsmitteln, die in den kurdischen Nordirak fließen. Anfang bis Mitte 1996 wurden alleine vom Auswärtigen Amt rund 1,6 Millionen DM für Hilfsprojekte im kurdischen Nordirak zur Verfügung gestellt. Deutsches wie internationales Rotes Kreuz erhielten hiervon 850.000 DM, Organisationen, die im KDP-kontrollierten Badinan arbeiten erhielten 688.000 DM, im Vergleich zu 141.000 DM, also knapp ein Fünftel, die in den PUK kontrollierten Süden der Region flossen.

Entgegen der Vorstellung der USA, die irakische Führungsclique um Hussein müsse zumindest personell abgelöst werden, zielt die Politik der europäischen Mitglieder der Golfkriegs-Allianz und Russlands schon seit geraumer Zeit auf eine Rehabilitierung des Regimes. Solange aber keine Alternative in Aussicht stand und das Veto der us-amerikanischen Vertreterin im UN-Sicherheitsrat Allbright jede Embargolockerung verhinderte, stellten diese Zuwendungen an kurdische Bündnispartner lediglich Investitionen in eine ungewisse Zukunft dar.

Im Sommer 1995 noch handelten die USA unter der Androhung, ihre Hilfsmittel einzufrieren, einen Waffenstillstand zwischen den kurdischen Parteien aus. Seit dem war die Region faktisch zweigeteilt, was beiden Parteien zumindest vorübergehend von nutzen war. KDP und PUK regierten die von ihnen kontrollierten Gebiete faktisch in Alleinherrschaft und waren so in der Lage, ihre administrativen und militärischen Strukturen auszubauen. Auf beiden Seiten entstanden Ministerien, die vom Apparat der Partei nicht zu trennen sind und mittels derer die Parteien in der Lage waren, sowohl große Teile der Hilfsmittel zu akkumulieren, als auch lokale Oppositionsgruppen zu vereinnahmen oder im Zweifelsfall auszuschalten. [5] Den Verlust der regionalen Hauptstadt Arbil, die 1994 von PUK-Verbänden erobert wurde, konnte KDP-Chef Barzani solange verkraften, wie die Stadt ihre Funktion als Handelszentrum und Verkehrsknotenpunkt aufgrund der Abtrennnung vom irakischen Markt nicht erfüllte. Diese Situation hatte sich im Sommer 1996 grundsätzlich verändert.

Daß das Embargo Hussein nicht gestürzt, die irakische Bevölkerung aber in extreme Armut getrieben hatte, war zum wichtigsten Argument für die schleichende Rehabilitierung des Regimes geworden. Um die finanziellen Defizite des UN-Hilfsprogrammes im Irak zu decken [6], wurde das seit 1992 diskutierte "food-for-oil"-Programm realisiert. Im Juli 1996 unterzeichneten die USA als letzter der Staaten mit ständigem Sitz im UN-Sicherheitsrat die Resolution 986, die dem Irak einen begrenzten Ölverkauf zur Sicherung der humanitären Versorgung der Zivilbevölkerung erlaubt. Ab Mitte 1997 werden halbjährlich rund 300 Millionen US-Dollar (ca. 30% der Gesamteinnahmen aus dem Ölverkauf) in den kurdischen Nordirak fließen. Diese Mittel werden zum überwiegenden Teil über die lokale Administration oder die ihr angegliederten lokalen Hilfsorganisationen fließen. Wenn diese frühzeitig kollabiert, wird auf bewährte irakische Strukturen zurückgegriffen werden müssen. Die wenigen eigenständigen wirtschaftlichen Bereiche der Region, vor allem die Landwirtschaft, werden in Folge der Resolution 986 schlicht zusammenbrechen, da die meisten der Hilfsmittel in Form von Fertiggütern über benachbarte Drittstaaten importiert werden müssen. Damit entsteht absehbar ein Abhängigkeitssystem, daß die Machtstrukturen der herrschenden Elite konsolidiert, indem es die Bevölkerung zur sanktionierten Untätigkeit zwingt. Gleichzeitig fordert die Durchsetzung der Resolution eine zentrale, zumindest quasi-staatliche Organisation der Verteilung, die den kurdischen Nordirak wirtschaftlich kompatibel zum Zentral- und Südirak macht. [7] Diese Kompatibilität ist nur gewährleistet, wenn eindeutige Machtstrukturen im kurdischen Nordirak herrschen und das innerirakische Embargo zwischen der Zentralregierung und den kurdischen Gebieten aufgehoben wird. Dem entspricht, daß die irakischen Erdöl-Pipelines durch kurdisches Gebiet verlaufen. KDP-Chef Barzani hat sehr gut verstanden, daß die Resolution 986 eine potentielle Nachkriegslösung beinhaltet, die eine Umorientierung in Richtung der irakischen Zentralregierung verlangt. Seine Kollaboration mit Hussein zum rechten Zeitpunkt erlaubte ihm, sich als alleiniger Statthalter der kurdischen Gebiete unter Husseins Gnade anzudienen und gleichzeitig den Rivalen Talabani zu überfallen, bevor dieser das Lager wechseln konnte. Welche Auswirkungen die UN-Resolution 986 für die eigene Irak-Politik schon vor ihrer Ratifizierung zeitigte, erkannte das us-amerikanische Außenministerium offensichtlich erst, als es schon zu spät war. Keine einzige us-amerikanische Organisation - weder humanitäre noch nachrichtendienstliche - befindet sich mehr im kurdischen Nordirak. Als Option bleibt den USA lediglich noch eine militärische Intervention, die ihre Bündnisstaaten allerdings schon im September (als gute Gründe vorlagen) kategorisch ablehnten.

Die europäische Option

"Tariq Aziz und Saab Kasim Hamudi betonten, daß die irakische Regierung mit den Kurden ´keine Probleme´ habe. (...) Martsch sprach sich in allen Treffen für die Aufhebung des Embargos aus, da dieses keinen positiven Zweck mehr erfülle. Es diene lediglich den wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA." , berichteten die Nordrhein-Westfälischen Grünen in einer Pressererklärung zum Besuch ihres "Kurdistan-Experten" Siegfried Martsch in Bagdad. Der Zusammenbruch der us-amerikanischen Irak-Politik hat den am stärksten involvierten europäischen Geberländern Frankreich und Deutschland die Hegemonie im Nordirak beschert. Erstmals besitzen sie die uneingeschränkte Option auf ein Gebiet, das strategisch für den gesamten Nahen-Osten relevant ist, ohne an die Direktiven einer us-amerikanisch dominierten Politik gebunden zu sein. Ein Umschwenken Deutschlands und Frankreichs und damit die Zurücknahme ihrer Unterstützung für Hussein, hätte dessen und Barzanis Coup im Nordirak vereitelt. Da dieser Coup aber zuallererst einer gegen die USA war, kann Hussein sich seiner Partner gewiß sein. Die Kumpanei des grünen Anti-Golfkriegs-Veterans Siegfried Martsch mit der irakischen Führungsclique zeigt tatsächlich, daß "das internationale Hilfsbusiness eine Führungsmacht wie die USA braucht" (Fischer-Tahir/Pommerening; AK 399) - als Feindbild und Begründung ihrer eigenen Hegemonialinteressen. Während die us-amerikanische Regierung auf den Druck der Öffentlichkeit [8] hin im Oktober beschloss, weitere 4.000 Kurden aus dem Nordirak zu evakuieren, verhandelten europäische Organisationen schon mit der irakischen Regierung über die Konditionen einer künftigen Zusammenarbeit.

Trotz der zu erwartenden immensen Hilfsmittel aus dem "food-for-oil"-Programm, wurde das Hilfsprogramm der europäischen Staaten ausgeweitet. Das zuständige Direktorat der EU-Hilfskommission ECHO (European Community Humanitarian Organization) forderte im November in einem dringenden Schreiben die europäischen Hilfsorganisationen auf, die Arbeit wiederaufzunehmen, während die UN-Organisationen vor Ort ankündigten, nur solche NRO (Nicht-Regierungs-Organisationen) könnten innerhalb des "food-for-oil" Programmes arbeiten, die in Bagdad akkreditiert sind. Mit diesem Förderprogramm honorieren sie die Einsicht der kurdischen Bandenführer, daß sich im Irak auf Dauer keine Politik ohne Hussein machen läßt. So führt der Kirchliche Entwicklungs-Dienst (KED) zB. seit Sommer 1996 sein bisher größtes Einzelprojekt in Höhe von 5,6 Mio DM ausgerechnet über die KDP-eigene Organisation KRO (Kurdistan Reconstruction Organization) durch [9] - Belohnung für getane Arbeit und Versprechen für die Zukunft. Während sich die kurdischen Parteien noch intern über die Abwicklung der Region streiten, steht außer Frage, daß Husseins Regime die Kontrolle über den Nordirak mittelbar wiedererlangt hat.

Den moralischen Überbau der us-Politik, der ihr die vollkommene Barbarei zumindest dort verbietet, wo Pressefotografen ihr Objektiv hinrichten, benötigen europäische Organisationen nicht. Die hinterlassene Trümmerlandschaft wird besiedelt von Staats-Unternehmen, die weder den Kurden Sicherheit noch allen Irakern Demokratie auch nur versprechen. Und so kommt es, daß deutsche Kurdistan-Unterstützer just dann den amerikanischen Imperialismus entdecken und angreifen, wenn er nicht mehr funktioniert und seine Agenten ermordet oder geflohen sind. Die deutschen Irak-Spezialisten vom Auswärtigen Amt bis ins autonome Zentrum eint der Wille, nicht mit "der Forderung an die USA, ihre Führungsrolle in der UNO auszunutzen" (a.a.O.) vor einem Feind zu "kapitulieren", der selbst schon die Kapitulation eingereicht hat. Nach dem Scheitern des Helms-Burton Gesetzes und dem fehlgeschlagenen Embargo gegen den Iran - das lediglich dazu führte, daß deutsche und französische Konzerne amerikanische Lizensverträge übernahmen - hat die us-Regierung mit Irakisch-Kurdistan eine weitere klassische Einflußsphäre verloren, ohne daß dies eine Befreiung der Menschen vor Ort bedeutete. Der Unterschied liegt auf der Hand: Während amerikanische Menschenrechts- und Hilfsorganisationen ihrer Regierung solange einheizen, bis diese sich der Verantwortung aus der Irak-Misere stellt und ungefähr 6.000 Menschen das Leben rettet, bietet die deutsche Opposition der Bagdader Regierung einen Dialog an, den die Bundesregierung schon seit Jahren erfolgreich führt. Leute wie Martsch, die sich nicht "der Globalisierung verschrieben haben" (a.a.O.) - und leider auch Andrea Fischer-Tahir - leisten ihren Dienst am Vaterland, indem sie den amerikanischen Imperialismus prospektive für die Verbrechen deutscher Politik verantwortlich machen.

Thomas Uwer - Mitarbeiter von wadi e.V.
(erschienen in analyse & kritik 401, 10.4.1997)

Anmerkungen

[1] 1. Der Aufruf wurde ua. unterschrieben von Amnesty International,USA; Human Rights Watch, Center for Victims of Torture; Refugees International. Die deutschen Organisationen waren medico international und wadi e.V.

[2] So der Titel eines vielfach veröffentlichten Textes von Ralf Bäcker und Ronald Ofterdinger.

[3] Hier sind das Nato-Oberkommando Süd-Europa in Neapel und die dort stationierte, nicht der NATO unterstellte, 6.US-Flotte zu erwähnen, die den USA jederzeit ein schnelles Eingreifen im Nahen-Osten ermöglicht.

[4] Dem Zusammenbruch dieses Systems folgte in den USA eine heftige Debatte um die Neubestimmung us-amerikanischer Außenpolitik. Einige wichtige Beiträge wurden in Kurdistan aktuell Nr.48/49, November/Dezember 1996 dokumentiert.

[5] So zB. die Bauernbewegung in der Region Pishder, deren angebliche "Rädelsführer" von der PUK im Herbst 1995 verhaftet und später ermordet wurden.

[6] ...das ua. durch die Zahlungsverweigerung europäischer Staaten entstanden war. vgl. Midterm Review des UN-DHA Genf 1995/1996

[7] Wie zB. die schrittweise Angleichung der unterschiedlichen Währungskurse, bzw. die Standartisierung zentral verteilter Lebensmittelrationen.

[8] Die Frage der Sicherheit der kurdischen Zivilbevölkerung bestimmte - im Gegensatz zu Europa - wochenlang die Titelseiten der großen amerikanischen Blätter. New York Times und Washington Post veröffentlichten Kommentare und Aufrufe, die eine Evakuierung gefährdeter Personen von der Regierung forderten.

[9] siehe epd-Entwicklungspolitik, 21/96

 


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