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Teure Freunde

Bezahlte Saddam Hussein Lobbyisten mit Öl?

von Thomas Schmidinger

Zugegeben hat es bislang nur Gilles Munier. Ja, man habe Geld von Saddam Hussein genommen, das Geschäft sei aber »überhaupt nicht illegal« gewesen, erklärte der Generalsekretär der Französisch-Irakischen Freundschaftsgesellschaft gegenüber Le Monde.

Die Organisation findet sich unter 267 Personen, Firmen, Vereinigungen, Parteien und religiösen Institutionen aus 47 Staaten, die mit Ölgutscheinen vom Regime Saddam Husseins für Freundschaftsdienste bezahlt worden sein sollen. Die Liste der Empfänger wurde am vorletzten Sonntag von der Zeitung al-Mada veröffentlicht, deren Verlag nach dem Sturz Saddam Husseins aus dem syrischen Exil nach Bagdad zurückgekehrt war und die sich seither zu einer der angesehensten Zeitungen des Irak entwickelt hat.

Al-Mada beruft sich auf Dokumente aus dem irakischen Ölministerium, die belegen sollen, dass die Genannten zwischen 1997 und dem Sturz Saddam Husseins Gutscheine für Gratisöl aus dem Irak erhalten haben. Die meisten der aufgezählten Günstlinge Saddams waren keine Endverbraucher, sie verkauften die Gutscheine an Ölfirmen. Das brachte zwischen zehn und 30 Cent pro Barrel ein.

Unter den genannten Empfängern der Bons finden sich prominente GegnerInnen des Irakkriegs wie Indonesiens Präsidentin Megawati Sukarnoputri (zwei Millionen Barrel), der britische Parlamentarier George Galloway (19 Millionen) und der ehemalige französische Innenminister Charles Pasqua (zwölf Millionen). In der arabischen Welt wurden Politiker und Geschäftsleute mit Gutscheinen bedacht. Die PLO erhielt neun Millionen, die PFLP fünf Millionen Barrel.

Besondere Aufmerksamkeit schenkte man offenbar Russland, das mit 46 Empfängeradressen den größten Anteil stellt. Die aufgeführten Zuwendungen an die Partei des Präsidenten Wladimir Putin und die orthodoxe Kirche werden von denen an die Liberaldemokraten des Rechtsextremisten Wladimir Schirinowski weit übertroffen. Noch großzügiger wurde die Kommunistische Partei der Russischen Föderation bedacht, die al-Mada zufolge mit 137 Millionen Barrel zu den größten Nutznießern zählte.

Die Liste der osteuropäischen Empfänger liest sich wie eine Aufzählung politischer Querfrontaktivisten. Während in der Slowakei und in Bulgarien zwei ehemalige kommunistische Parteien Osteuropas vom ba'athistischen Regime gefördert worden sein sollen, wurde mit der Partei der Ungarischen Interessen wiederum einer offen rechtsextremen Partei unter die Arme gegriffen.

Auch zwei österreichische Namen finden sich auf der Liste: die Gesellschaft für österreichisch-arabische Beziehungen (GÖAB), in deren Vorstand neben dem ehemaligen sozialdemokratischen Innenminister Karl Blecha auch Nationalratsabgeordnete der ÖVP und der FPÖ sitzen, sowie der Innsbrucker Universitätsprofessor Hans Köchler, der sich der weltweiten Verbreitung des Gedankenguts Muammar al-Gaddafis verschrieben hat.

Der irakische Regierungsrat will sich, falls die Echtheit der Liste bestätigt wird, für eine internationale Strafverfolgung einsetzen. Ob die Empfänger sich strafbar gemacht haben, hängt von ihren Gegenleistungen und den nationalen Gesetzen ab. Doch ungeachtet der juristischen Beurteilung würde eine Bestätigung der Vorwürfe belegen, dass die selbst ernannten Freunde des Irak auf Kosten der irakischen Bevölkerung vom Oil-for-Food-Programm profitierten, weil Saddam Hussein mit dem Geld, dass die Uno ihm zur freien Verfügung überließ, lieber Lobbyisten als Medikamente kaufte.


erschienen in Jungle World, Nummer 7 vom 04. Februar 2004


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