zurück


Jeder gegen alle


aus: Informationen zur Deutschen Außenpolitik, April 2003


PETERSBURG/BERLIN (Eigener Bericht)
- Das deutsch-französische Bündnis, das sich gegen ein Herrschaftsmonopol der USA im Nahen Osten richtet, ist bei trilateralen Treffen in St. Petersburg erneuert worden. In die Gespräche wurde auch der offizielle Gastgeber, der russische Präsident Putin, einbezogen. Damit verstetigt sich die Bildung einer Staatengruppe, die fallweise gegen die USA opponiert, um eigene Interessen auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet durchzusetzen. Das bedeutendste ökonomische Potenzial der Dreierallianz bringt Berlin ein.

In Vorbereitung auf das Treffen zwischen Putin, dem französischen Staatspräsidenten Chirac und Bundeskanzler Schröder hatten in den vergangenen Tagen mehrere geheime deutsche Gremien getagt. Ihre Vorschläge wurden der ebenfalls unter Geheimschutz beschließenden ,,Bundessicherheitskonferenz" vorgelegt, die in der zweiten Wochenhälfte zusammentrat.

Germans to the front

Im Zentrum der Beratungen standen mögliche deutsche Finanzzusagen für die westliche Übernahme des Irak, sofern ein US-Monopol ausgeräumt werden könnte. Die entsprechenden Mittel sollen in einen Fonds für den ,,Wiederaufbau" des überfallenen Landes fließen und den Zugang der Dreierallianz zum Irak via UNO erleichtern. Bereits im Vorfeld des Petersburger Treffens hatte sich Bundeskanzler Schröder deswegen dem Gremium angedient: ,,Wenn die Vereinten Nationen uns bitten, an der Wiederaufbauarbeit teilzunehmen (...), dann wird man sich doch einer solchen Bitte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen nicht verschließen können", forderte Schröder die UN-Spitze auf. Laut Schröder plant Berlin auch eine eigene Komponente bei der militärischen Besetzung des Irak ,,zur Sicherung von Stabilität im Land und in der Region".

,,Wachstumsregion"

Der Wettlauf um eine optimale Startposition bei der Ausplünderung des Irak sowie bei weiter ausgreifenden Geschäften (Syrien, Iran, China) nimmt inzwischen auch institutionelle Formen an. So prüft die EU seit einigen Tagen, ob sie die USA wegen Verletzung von Vorschriften der Welthandelsorganisation (WTO) verklagen könnte, da Washington lukrative Besatzungsaufträge bereits an amerikanische und britische Firmen vergeben habe, statt sie frei auszuschreiben. Der deutsche Oppositionspolitiker Friedrich Merz (CDU) vertritt die Auffassung, ,,auch deutsche Firmen" hätten ein Recht, im Irak zu ,,profitieren", denn das besetzte Gebiet sei ,,ökonomisch interessant und eine potenzielle Wachstumsregion".

Differenzen...

Trotz aller diplomatischen Versuche, die Dreierallianz zu stabilisieren, leiden ihre Bemühungen an inneren Konkurrenzverhältnissen. Sowohl in Russland als auch in Deutschland plädieren interessierte Wirtschaftskreise für eine vorbehaltlose Beteiligung an der Okkupation, gleich ob Bagdad unter das Verwaltungsregime der USA oder der UNO fallen wird. Eine ausschließliche Indienstnahme der UNO könne zu erheblichem Zeitverlust bei Erstgeschäften führen und die jeweiligen Konkurrenten, darunter auch die Konkurrenten in der Dreierallianz, unaufholbar bevorteilen, heißt es.

... des Zeithorizonts

Über ihre Repräsentanten in den Oppositionsparteien CSU und FDP fordern Teile der deutschen Wirtschaft, im Irak sofortige Präsenz zu zeigen, ,,egal unter welchem Dach" (FDP-Politker Westerwelle). Langfristig angelegten Strategien deutscher Herrschaftsausübung im Nahen Osten, wie sie vor allem in den Regierungsparteien gebündelt werden, laufen diese Forderungen entgegen.

Informationen zur Deutschen Außenpolitik
© www.german-foreign-policy.com


WADI e.V. | tel.: (+49) 069-57002440 | fax (+49) 069-57002444
http://www.wadinet.de | e-mail: