Ihr Kampf
Hisbollah und Antiglobalisierungsgruppen trafen sich in Beirut.
von Thomas von der Osten-Sacken
Am Wochenende des 17. 9. 2004 trafen sich auf Einladung der Hisbollah
und anderer libanesischer Organisationen über zweihundert Antikriegs-
und Antiglobalisierungsgruppen aus aller Welt, um sich in Beirut über
den Fortgang ihrer Aktivitäten auszutauschen.
Mitveranstalter Walden Bello, seines Zeichens Chef der thailändischen
NGO „Focus on the Global South“, der schon im April die
„Aufständischen“ in Falluja als Speerspitze der globalen
Bewegung pries, formulierte das Programm der Tagung: Es gehe darum,
„die USA im Irak und Israel in Palästina zu besiegen.“
Besonders gelobt wurde von den Teilnehmern, die später sich auch
in einer Erklärung solidarisch auf sie bezogen, die gastgebende
Hisbollah und ihr jahrzehntelanger „Befreiungskampf“ im
Südlibanon. Ali Fayyad, jener Hisbollah-Intellektuelle, den unlängst
die Friedrich Ebert Stiftung zu ihrer Islam-Konferenz in Beirut geladen
hatte, erklärte stolz den Anwesenden, daß der Kampf seiner
Organisation für den weltweiten der Bewegung Vorbildcharakter habe.
Überhaupt spielte, wie ein Reporter von „Islam-Online“
erfreut bemerkte, in Beirut die Vernetzung der westlichen Aktivisten
mit ihren islamistischen Counterparts eine große Rolle.
Schließlich nahmen an der Konferenz nicht nur Delegierte der Fatah,
des Palästinensischen Jihad sowie des „irakischen Widerstandes“
teil, sondern es kamen auch Vertreter von Attac aus der Schweiz, Norwegen
und Japan, des Österreichischen Sozialforums, sowie Friedensbewegte
aus Europa, den USA und aus unzähligen Ländern der Dritten
Welt.
Aus dem Irak reiste, wie schon zur Konferenz der Friedrich Ebert Stiftung,
Abd al-Amir al-Rikabi an, jener „Oppositionelle“, den Saddam
2002 nach Bagdad lud, um ihm die Gründung einer Regierung der „nationalen
Einheit“ anzutragen. Das Projekt scheiterte dann vor allem am
Einmarsch der US-Army. Heute wirbt Rikabi dafür, ausdrücklich
alle Formen des Widerstandes gegen die Besatzung im Irak, also auch
das Abschlachten von Geiseln und Massakrieren irakischer Zivilisten,
solidarisch zu unterstützen.
Auch wenn dieses Anliegen, sehr zum Unmut der irakischen Widerstands-Delegation,
in der Abschlusserklärung nicht ausdrücklich Erwähnung
findet, heißt es dort: „Die Befreiung der Völker des
Irak und Palästinas ist zentral für die Herbeiführung
globaler Gerechtigkeit. Ihr Kampf ist unser.“
„Ihr Kampf“, also die Zerstörung Israels, wie von der
einladenden Hisbollah und anderen teilnehmenden Organisationen aus dem
Nahen Osten täglich gefordert, sowie die Überführung
des Irak in von djihadistischen und baathistischen Banden regierte Selbstbestimmung
stellen aber nur einen kleinen Schritt auf dem Weg der unter dem Banner
des Islam geeinten Globalisierungskritiker dar.
Denn nicht weniger als eine „zweite Supermacht“ plant die
Bewegung laut Walden Bello zu werden. Und solange dieses Ziel nicht
erreicht, die Hegemonie der USA nicht gebrochen und damit der Sieg über
Imperialismus und Zionismus errungen ist, die Welt also noch nicht wie
Falluja, der Südlibanon oder andere „befreite Gebiete“
aussieht, wird einem Attac in unleserlichen Papieren auch weiterhin
erklären, es sei in keinster Weise antisemitisch oder antiamerikanisch.
erschienen in: Konkret 11/2004