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Die Paten

Die iranische Strategie

von Thomas von der Osten-Sacken

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Israel hat bereits die zweite größere Schlacht in diesem Jahr verloren, ohne auch nur einen Schuss abgefeuert zu haben. Die Gewinner heißen Iran und Sy­rien. Ohne die Unterstützung des Iran und Syriens könnten weder die Milizen der Fatah al-Islam im Libanon wochenlang gegen die libanesische Armee ausharren noch die Hamas sich in Gaza an die Macht putschen. Die Strategie ist so einfach wie wirkungsvoll: Nun hat es Israel mit zwei islamistischen Gebilden zu tun, mit dem Südlibanon, der von der Hizbollah kontrolliert wird, im Norden und Gaza im Süden. Beide Gebiete geraten zunehmend in finanzielle, logistische und militärische Abhängigkeit vom Iran. Die dort lebenden Menschen sind Geiseln einer Politik, deren Hauptziel der Heilige Krieg gegen Israel und die USA ist.

Die Fehler und Fehleinschätzungen der israelischen Regierung im vergangenen Jahr, als es ihr nicht gelang, die Hizbollah im Libanon militärisch auszuschalten, fordern nun ihren Preis. Der »failed mini-state«, wie Abdel-Bari Atwan, der Herausgeber der arabischen Zeitung al-Quds al-Arabi, Gaza nun bezeichnete, wird in Zukunft nicht nur Sderot bedrohen, sondern auch Städte wie Ashkelon oder Ashdod. Denn bereits unter der so genannten palästinensischen Einheitsregierung schmuggelte die Hamas Unmengen an Waffen auch an den europäischen Grenzkontrolleuren vorbei.

Die gewaltsame Machtübernahme in Gaza erfolgte nur Tage nach einer Rede des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad, in der er erneut die Auslöschung Israels in Aussicht stellte. Da er sich nur mit der Beschaffung von Massenvernichtungswaffen und der Förderung von Terror einen Sieg erhoffen kann, finanziert der Iran neben seiner atomaren Aufrüstung überall in der Region schwer kontrollierbare Terrororganisationen, die, geübt in asymmetrischer Kriegsführung, sukzessive Enklaven errichten, in denen sich dann neben iranischen Ausbildern und Revolutionsgardisten auch internationale Jihadisten und al-Qaida-Gruppen festsetzen können.

In Gaza ist der Hamas das gesamte Geheimdienstarchiv der von der Fatah geführten Sicherheitskräfte in die Hände gefallen. Da­mit können nun wohl auch Syrien und der Iran Zugang bekommen zu Hunderttausenden Dokumenten, die von höchster Brisanz sein dürften, ko­operierte die Fatah doch eng mit westlichen, vor allem US-amerikanischen Geheimdiensten.

Während die arabischen Staaten paralysiert das Geschehen beobachten, schreitet der Iran von Sieg zu Sieg. Keine Initiative der Arabischen Liga konnte den Einfluss der Hamas eindämmen. Kaum jemand im Nahen Osten zweifelt daran, dass es auch 2007 zu einem größeren Krieg kommen wird. Solange aber Iran, Syrien und ihre islamistischen Verbündeten Strategie und Tempo vorgeben, bestehen kaum Chancen, das Blatt zu wenden. Der exiliranische Journalist Amir Taheri hat daher Recht, wenn er in al-Sharq al-Awsat schreibt, dass dieser Krieg so schnell wie möglich »resymme­trisiert« werden müsse.

Deshalb wird es auch wenig helfen, nun als Gegenstrategie vor allem die korrupte und ebenfalls den Terror fördernde Fatah in der Westbank oder die libanesische Armee aufzurüsten. Der Iran und Syrien sind im Stellvertreterkrieg ihren Gegnern weit überlegen und werden es auch bleiben, solange die Regimes in Damaskus und Teheran für ihre Taten mit neuen Dialogangeboten belohnt statt zur Verantwortung gezogen werden.


Artikel erschienen in Jungle World 25 vom 20. Juni 2007


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