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In wenigen Minuten...

starben heute vor 7 Jahren in der kurdischen Stadt Halabja 5000 Menschen an Giftgas, das mit deutscher Hilfe produziert wurde

Am 16. März jährt sich zum siebten mal der Giftgasangriff der irakischen Armee auf die kurdische Stadt Halabja. Damals starben 5000 Menschen in wenigen Minuten, unzählige fielen den Folgen des Bombardements zum Opfer. Der Angriff auf Halabja war der Höhepunkt einer ganzen Vernichtungskampagne, in deren Verlauf die irakische Armee Giftgas und Napalm gegen die kurdische Zivilbevölkerung einsetzte - ihre Dörfer wurden zerstört, ihre Felder vermint. Halabja und die sog. "Anfal"-Kampagne waren nur möglich durch die Lieferung deutscher Giftgasfabriken an das irakische Regime. Die Bundesregierung hat die Vernichtungspolitik Saddam Husseins an den Kurden gebilligt und durch wirtschaftliche, militärische und politische Unterstützung gefördert.

Am 2.3.95 -wenige Wochen vor dem Jahrestag Halabjas- wurden erneut kurdische Vereine und Organisationen von Bundesinnenminister Kanther verboten, darunter das Kurdistan Informations-Büro (Köln). Fünf weitere Vereine wurden von Bayerns Innenminister Beckstein verboten. Das Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK und über dreißig kurdischer Vereine in der BRD im Dezember 1993 hat es möglich gemacht, beinahe jede unliebsame Organisation und jeden Verein türkischer Kurden in der BRD als illegal zu erklären. "Unliebsam" ist für die Bundesregierung jede Äußerung von Kurden, die ein Ende der Kriegs- und Vernichtungspolitik der Regierungen der Türkei, des Iraks und des Irans gegenüber der kurdischen Bevölkerung fordert. Denn in allen diesen Konflikten ist die BRD direkter und indirekter Kriegspartner gegen die Kurden.

Die türkische Regierung setzt ihre militärischen Offensiven gegen die kurdische Bevölkerung unvermindert fort. Mehr als 2000 Dörfer wurden in den letzten Jahren von der türkischen Armee zerstört, das Land verbrannt, die Bewohner vertrieben und in den Vorstadtslums der westtürkischen Städte angesiedelt. Über 1000 Zivilisten wurden von Todesschwadronen ermordet; zahlreiche Hinrichtungen durch staatliche Organisationen finden statt, während Rechtsprechung in Kurdistan außer Kraft gesetzt wurde. Immer wieder wurden die Lager der Kurden, die in den Nordirak geflohen sind, von der türkischen Armee als angebliche PKK-Stellungen bombardiert. Folter und Ermordungen gehören zu den praktizierten Methoden der Regierung, die kurdische Opposition zu brechen. Kurdische Parteien werden verboten, Parlamentarier und Menschenrechtler verhaftet. In der Türkei werden die Menschenrechte mit Füßen getreten.

Die Bundesregierung liefert dessen ungeachtet weiterhin Waffen an das türkische Regime, Waffen, die gezielt im Krieg gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt werden. Immer noch versuchen deutsche Politiker die Türkei zur "vorbildlichen Demokratie" hochzujubeln, um die offiziellen Handelsbeziehungen im Rahmen der EU ausbauen zu können. In der BRD werden derweil die Vereine und Organisationen der kurdischen Migranten verboten; immer mehr kurdischen Flüchtlingen aus der Türkei droht die Abschiebung in Verhaftung, Folter oder Tod.

Seit dem Ende des Golfkrieges sind große Teile der kurdischen Gebiete des Nordiraks von der Saddam Diktatur befreit. Ihre frei gewählte Regierung ist dennoch zu keinem Zeitpunkt anerkannt und unterstützt worden, noch gab es eine konkrete Rückendeckung der kurdischen Autonomie durch die Bundesregierung, die sich in der Vergangenheit der Vernichtung von mehr als 4000 Dörfern mitschuldig gemacht hat. Weiterhin kommt es zu militärischen Attacken des Saddam-Regimes gegen die kurdischen Gebiete: Städte und Dörfer werden bombardiert, die Ernte in Brand geschossen. In den unter der Kontrolle der irakischen Zentralregierung stehenden kurdischen Gebieten (bei Kirkuk) finden weiterhin Zwangsenteignungen und Deportationen statt.

Die Bundesregierung empfing dennoch Ende Januar eine Regierungsdelegation aus Bagdad, um die begonnenen Verhandlungen über zukünftige Beziehungen fortzusetzen. Der ehemalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Hans Sterken (CDU) war entsprechend auch einer der ersten westlichen Politiker, der nach dem Golfkrieg Saddam Hussein die Hand schüttelte. Während die Bundesregierung außenpolitisch an einer Rehabilitierung Saddam Husseins arbeitet, verstärken sich innerhalb der BRD die Bemühungen, eine umfassende Abschiebung irakischer Kurden möglich zu machen. Trotz permanenter Kämpfe, Bombardements und Deportationen stellt das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest: "Nach wie vor gilt für Kurden der Norden des Iraks als sicher." Einmal mehr hat die zynische Doppelmoral der deutschen Kurdistanpolitik einen tarurigen Höhepunkt erreicht.

Von der westlichen Öffentlichkeit kaum beachtet verfolgt das iranische Regime seit Jahren unerbittlich die kurdische Opposition. Über 300 Dörfer sind in den letzten Jahren zerstört worden, Menschen wurden deportiert, verhaftet, ermordet. Die Grenze zum Irak wurde massiv vermint, um eine Flucht der Kurden aus dem Kriegsgebiet unmöglich zu machen.

Die BRD ist weiterhin der größte und treueste Handelspartner des Irans. Mit immer neuen Vorstößen versucht die Bundesregierung die internationale Ächtung des Teheraner Regimes zu unterlaufen. Reichlich unbehelligt operiert der iranische Geheimdienst in der Bundesrepublik. So wurde der Skandal um das Bombenattentat auf iranisch-kurdische Oppositionsführer in dem Berliner Restaurant Mykonos beispiellos runtergespielt und verharmlost. Bei der Abschiebung iranischer Flüchtlinge kam es immer wieder zu einer Kooperation und zum direkten Datenaustausch zwischen deutschen Behörden und Vertretern der iranischen Regierung.

Die Bundesregierung zeigt mit dieser Politik, daß sie die Menschrechtsverletzungen und militärischen Auseinandersetzungen in diesen Ländern billigt und augenscheinlich ein Interesse an der Aufrechterhaltung der diktatorischen Regime in Bagdat, Teheran und Ankara hat. Andernfalls müßte sie konkrete Schritte unternehmen, die Opposition zu unterstützen und die Politik dieser Regierungen wirtschaftlich und politisch sanktionieren. Dies tut sie nicht. Erneut sollen Waffen im Wert von 1,5 Milliarden (!) DM an die türkische Regierung geliefert werden. Trotz einer internationalen Ächtung von Landminen wurde der Bundesetat für "Minenerforschung" 1995 erneut aufgestockt. Noch heute werden kurdische Zivilisten im Irak von Minen aus bundesdeutscher Produktion getötet.

DIE UNTERSTÜTZUNG DER REGIME DES IRAKS, DES IRANS UND DER TÜRKEI DURCH DIE BUNDESREGIERUNG MUSS EINGESTELLT WERDEN !

Wir fordern:

- DIE SOFORTIGE AUFHEBUNG DES VERBOTS KURDISCHER ORGANISATIONEN IN DER BRD!

- DEN SOFORTIGEN STOPP DER WAFFENLIEFERUNGEN AN DIE TÜRKEI!

- ABSCHIEBESTOPP FÜR FLÜCHTLINGE AUS IRAK, IRAN UND DER TÜRKEI!

FÜR EINE FRIEDLICHE POLITISCHE LÖSUNG DES KONFLIKTES IN KURDISTAN!

Ende März findet wieder das kurdische Neujahrsfest NEWROZ statt, das in allen Teilen Kurdistans gefeiert wird. In der Türkei wurde der kurdischen Bevölkerung fast in jedem Jahr verboten, NEWROZ zu feiern. 1992 verübte das türkische Militär ein grausames Massaker während des Festes. Anstatt diese Form der Unterdrückung der Kurden in der Türkei zu verurteilen und ihr wirksam entgegen zu treten wurden im vergangenen Jahr in verschiedenen deutschen Städten Verbote gegen die NEWROZ-Feste ausgesprochen, Menschen wurden daran gehindert, zu Veranstaltungen zu fahren, Familien wurden wie Schwerverbrecher verhaftet. Die Bundesregierung hat mit dieser Verbotspolitik nicht nur Auseinandersetzungen hier provoziert, sondern deutlich ihre unterstützende Haltung gegenüber der Kurdistan-Politik der Türkei gezeigt. Dazu darf es in diesem Jahr nicht kommen. Den Kurden muß ermöglicht werden, ein friedliches NEWROZ zu feiern: ohne Verbote, ohne Polizeieinsätze und Verhaftungen.


FÜR EIN FRIEDLICHES NEWROZ 1995 !
Unterstützer: WADI e.V., YEK-KOM, Asta der FH Frankfurt
ViSDP: WADI e.V., Gutleutstr. 144, FFM


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